Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Der Fortgang der Offensive südlich der Sumpfzone und die russische Gegenoffensive 211 
Vom Zusammenbruch der russischen Offensive in Wolhynien 
„Zwischen Zaborol und Luck liegt ein großer Friedhof mit einer russischen Kirche. 
Hier ruhen/ nach einem Berichte Leonhard Adelts im „Berliner Tageblatt" (2. X. 15), 
„nebeneinander ohne Unterschied Russen und Deutsche. Bis hierher waren die Russen 
über den Styr vorgedrungen, als sie nach dem Mißlingen ihrer Offensive gegen die 
Strypa neue gewaltige Anstürme in Wolhynien unternahmen. Den Kirchhof hatten sie 
zu einem starken Stützpunkt ausgebaut, entschlossen, den Ort bis zum Aeußersten zu ver 
teidigen. Aber am 27. September 1915 erzwangen die Verbündeten nördlich von Luck den 
Styrübergang beiderseits von Rozyszcze. Auf ihrem Nordflügel von einer Umklammerung 
bedroht, traten die in den wolhynischen Festungsraum zum Zwecke des Durchbruchvor 
stoßes und der Besitzergreifung der Bahn Lemberg—Brody geworfenen russischen Heeres 
massen den Rückzug an. Zuerst räumte kampflos und eilig das Zentrnm den als Stütz 
punkt ausgebauten Friedhof, dann folgte der Rückzug des Nordflügels. Die Räumung 
der Stadt Rozyszcze erfolgte mit solcher Hast, daß die Russen sogar von ihrer Gewohn 
heit, das Bahnhofsgebäude niederzubrennen, Abstand nahmen und bloß das Kesselhaus 
und die Eisenbahnbrücke sprengten. Sonst war die Stadt, die eine bedeutende Etappen 
station darstellt, gänzlich unversehrt, so daß die Verbündeten hier reichliche und verschieden 
artigste Vorräte vorfanden. Allein in dem Keller einer Apotheke entdeckte man fünfzig Ballen 
Baumwolle, in einer Drogerie große Mengen von französischen Schönheitsmitteln, Par 
füms und Puder. Denn die russischen Offiziere lebten hier in Gesellschaft von Damen, 
die dringend solcher Artikel benötigten. Ebenso waren Nahrungs« und Futtermittel, Heu, 
Haber und Weizen, in Fülle von der geflüchteten Bevölkerung zurückgelassen worden. 
Auch der Versuch, die Holzbrücke über den Styr bei Luck zu verbrennen, mißlang den 
Russen infolge der Eile des Rückzuges. In Luck selbst, wo die Russen ihr Vernichtungs 
werk gleichfalls nicht hatten beenden können, wurden die Wiedereroberer mit Jubel be 
grüßt. Einige wenige Häuser lagen im Schutt. So eilig war der Ort geräumt worden, 
daß nur ein einziger Soldat als Gefangener zurückblieb. 
Hervorragend zeichnete sich in Rozyszcze eine Eisenbahnerkompanie aus, die unter 
dem heftigsten Feuer der russischen Nachhuten die Geleise der Bahn Kowel—Rozyszcze 
auf deutsche Spurweite umnagelte. Auch die Arbeiterkolonnen, die aus militärisch kaum 
ausgebildeten Leuten bestanden, leisteten Erstaunliches." 
Episoden 
Don RodaRoda 
Im Dorf 
Am Ende des Dorfes, zwischen Eichenlaub, das schon vergilbt, und roten Binsen, 
steht die blau-hellgrüne Holzkirche. Sie war offen geblieben nach der Flucht des Popen, 
der Stationskommandant hat sie vernageln lassen, um die Habsucht Ortsfremder nicht 
zu reizen. Auf der Schwelle der Kirche liegt eine tote Sau; an ihren versiegten Eutern 
hängen noch wimmernde, hungrige Ferkelchen. Daneben ein greller Bilderbogen: „Oester 
reicher, von unseren kosakischen Brüdern geschlagen, fliehen weit in ihr Land." 
An der Kirche sprach mich ein alter Bauer an, in langer härener Kutte, eng ge 
gürtet, und bat demütig um die Erlaubnis, die Häckselmaschine seines entflohenen Nach 
bars benützen zu dürfen. „Mensch," sagte ich, „du mußt nicht mich fragen, sondern 
den Herrn Kommandanten." 
Ein Ulan hörte es, trat herzu und sprach: „Frag nicht und nimm dir die Maschine!" 
Der Bauer zögerte: „Wenn aber der Nachbar wiederkommt und mich beim Bürger 
meister verklagt?" . . . „Dann sagst du: Ich, Ulan Matthias Geringer, habe dies be 
willigt."
	        
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