Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

208 Die Ereignisse an der Ostfront im dritten Kriegshalbjahr 
wärts gleich wieder. Achthundert Meter! Der Aufsatz wird abgebrochen. Der Leut 
nant macht einen starken Zug an der Zigarette und im roten Schein sieht er dem Feuer 
werker auf die Finger. Sechshundert Meter! Schon bedarf es der Zigarette nicht 
mehr, graues Morgenlicht rieselt auf die Kanonenrohre und die Mannschaft, die ruhig 
an ihnen hantiert. Vierhundert Meter! Und nun ist das Feuer von allen Seiten so 
wild und grauenhaft, daß es den Russen schwül wird. Sie sind gebannt, können nicht 
vor und nicht zurück und kleben in ihren Linien fest. 
Und auf einmal springt ein Klumpen auf, beginnt zu rennen, zurück, zurück ..., dem 
Wald zu, der klobig unter dem blassen Osthimmel steht ... ein Haufen folgt . . . 
Andere stürmen übers Feld, einzelne stolpern hastig durch das zerwühlte Feld . . . 
So haben wir Kanoniere am 4. September 1915 den Tag gewonnen, ehe er noch recht 
herangekommen war." 
Gleichzeitig, ebenfalls am 6. September, hatte die Armee Böhm-Ermolli unter Aus 
nützung ihres Erfolges vor Brody (vgl. S. 193) die Russen östlich und südöstlich von Brody 
in einer 40 Kilometer breiten und stark verschanzten Front angegriffen. Das Vorstoßzentrum 
dieses Durchbruches richtete sich gegen die stockwerkartig befestigten Höhen von Makutra, 
die das zwischen Brody und Podkamien gelegene Dorf Nakwasza überragen und stür 
mender Hand genommen wurden. Aber auch die Stellungen bei Radziwillow an der 
Sloniowka und das Städtchen Podkamien wurden genommen, nachdem die Russen vom 
Teufelsfels verjagt und Schloß und Dominikanerkloster gestürmt worden waren. Der 
Kampf endete erst in den frühen Morgenstunden deß 7. September; die Russen wichen 
überall teilweise fluchtartig auf Dubno zurück, das so von Norden, Westen und Südwesten 
bedroht, von ihnen ohne Kampf geräumt wurde. Am Nachmittag des 8. September zogen 
die Vorhuten der Armee Böhm-Ermolli, nach der Besetzung der Sperrforts an der Jkwa 
in die Stadt ein und stellten bei Werba die Verbindung mit dem rechten Flügel der 
Armee Puhallo her. Am 11. September standen die beiden Armeen in der Linie der 
Jkwa und Stubla mit dem Nordflügel bei Derazno am Goryn, etwa 25 Kilometer vor 
der Westfront von Rowno. 
Die Russen hatten lange, ehe sie die Sperre Dubno verloren, alles irgend wertvolle 
Gut fortgeführt. Ganz abgesehen von den Geschützen und der Munition war z. B. auch 
die Einrichtung der Kasernenkapelle und die des Offizierskastnos weggebracht worden. 
Die Panik in Wolhynien 
Ein dänischer Kaufmann, der in Odessa ansässig war und nach einer Reise durch 
Wolhynien aus Kiew in seine Heimat zurückkehrte, hat seine Reiseeindrücke nach der 
„Kölnischen Zeitung" (4. X. 15) folgendermaßen geschildert: „Was ich in Wolhynien 
gesehen habe, übersteigt alle menschlichen Vorstellungen. Von Rowno bis Kiew eine 
einzige Wüstenei, nichts als Schutt und Trümmer. Fast kein einziger Landstrich, kein 
einziges Dorf ist unversehrt geblieben, die russischen Kosakenhorden haben erst alles 
geplündert und dann in Rauch und Flammen ausgehen lassen. Zum Teil stand das 
Getreide noch in Mandeln auf den Feldern, es wurde von den räuberischen Horden in 
Haufen geschichtet, mit Petroleum oder Benzin begossen und angezündet. Ganze Wälder 
sind vernichtet worden, weite Waldgebiete ganz heruntergebrannt. Die Bäume zu beiden 
Seiten der Landstraßen sind heruntergeschlagen, die Straßen selbst meilenweit mit den 
Stämmen verbarrikadiert. Alles, was irgendwie für die Kriegsführung wertvoll sein 
könnte, wurde ins Innere Rußlands fortgeschafft. 
Die Einwohner haben meist nur das nackte Leben retten können, die Roheit der Zer 
störer ließ ihnen keine Zeit, ihre Habseligkeiten mitzunehmen. Namentlich die jüdische 
Bevölkerung hatte außerordentlich zu leiden. Oftmals wurden die jüdischen Flüchtlings
	        
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