Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

206 Die Ereignisse an der Ostfront im dritten Kriegshalbjahr 
Der Vormarsch auf Dubno und seine Besetzung 
Vom 2. bis 8. September 1915 
Noch einmal kam den Russen auf ihrem Rückzug von Luck nach Dubno unerwartete 
Hilfe. „Der Himmel öffnete seine Schleusen/ wie Leonhard Adelt im „Berliner Tage 
blatt* (11. IX. 15) schrieb. „Bäche wurden Ströme, sumpfige Wiesen, Straßen, Moräste, 
in deren zähem Brei den marschierenden Soldaten die Stiesel stecken blieben. Die 
Pferde brachen zusammen, Trainfuhrwerke und Geschütze stauten sich. Seit den Tagen 
des ersten Entsatzes von Pryzemysl hatten die k. u. k. Truppen nicht derartig schwere 
Marschstrapazen zu ertragen, wie diese. Der Gegner nützte das aus, um sich vor der 
Festungslinie Dubno—Rowno mit Hilfe der von Kiew her in Rowno eingetroffenen 
Verstärkungen nochmals zu stellen. Seine Stützpunkte waren von Norden nach Süden 
der Gorynfluß, bei Derazno die versumpfte und überschwemmte Niederung des Puti- 
lowkabaches, vor Klewan die Teiche von Olyka an der Straße Luck—Rowno, der Jkwa- 
übergang bei Mlynow und an der Sloniowka östlich Brody. Die Russen hatten sich 
auf den dahinterliegenden Hügelketten eingegraben, und um zu ihnen zu gelangen, mußten 
die Angreifer den Sumpf durchwaten." Nach mehrtägigen hartnäckigen Kämpfen gelang 
es dem Nordflügel der österreichisch-ungarischen Truppen, der Armee Puhallo, am 6. Sep 
tember 1915 bei und nördlich Olyka über die sumpfige und überschwemmte Putilowka 
vorzudringen und die Russen am 8. September in neue vorbereitete Stellungen hinter 
die Stubla (Stubiel) zurückzuwerfen. 
Eine Episode aus den Verfolgungskämpfen am Styrün den ersten Septembertagen 1915, die 
Dr. Karl Hans Strobl in den „Leipziger Neuesten Nachrichten" (28. X. 15) den Kanonier 
Röhrich erzählen läßt, mag hier als charakteristisch für die Heftigkeit dieser Kämpfe zum Teil 
wiedergegeben werden. Die Batterie, die oberhalb des Dorfes Bokujm stand und zusah, 
wie russische Branddetachements ihre Arbeit verrichteten, erhielt plötzlich den Besehl zum 
Angriff gegen die Brandstifter, fährt auf, beschießt die flüchtenden Linien, geht dann 
immer nach vorwärts in eine neue Stellung und unterstützt am Abend ein Landsturm- 
Jnfanterie-Regiment beim Sturm aus die starke russische Stellung bei Pereweredow. In 
der Nacht aber umgingen die Ruffen den rechten Flügel der österreichisch-ungarischen 
Truppen und faßten ihn mit starken Kräften von der Seite und vom Rücken an. 
„Und wie sich der Nebel aus dem Grasland und zwischen den Büschen hebt," erzählt 
der Kanonier, „da kommt es auch schon auf uns zu, und grau ins fahle Licht des 
Morgens und in die Ackerfalten hingeduckt. Herrgott! Das sind die Russen, und wir 
sind ohne Geschützbedeckung auf uns selbst gestellt, einem Gewimmel von Russen gegen 
über. Aber unser Hauptmann verzieht keine Miene, kommandiert die Tempierung der 
Schrapnelle, raucht seine Zigarette. Hinter uns stehen die Fahrer, bei den Protzen, 
halten die Pferde am Zügel und stehen „Habt acht!". Ganze Schwärme von Spitzkugeln 
trillern über uns hin, einen Feuerwerker triffts, reißt ihn in die Knie. Aus dem Hals 
rinnt ihm das Blut, er stopft das Taschentuch ein, das ist im Augenblick tiefrot und 
zwischen den Fingern rieselts weiter. Ein Pferd schreit auf, das ist schrecklich, wenn 
ein Pferd schreit . ., es fällt im Strang, schlägt mit allen vier Beinen um sich. 
Jetzt kann man die Russen schon mit Kartätschenschrapnellen fassen. Die zerfetzen die 
dichten Kolonnen vor uns, wirbeln sie zu Haufen zermalmter Glieder. Sie wanken, 
zögern im Ansturm, ducken sich, schießen wild und regellos. Und jetzt winkt der Kom 
mandant den ersten Halbzug der Batterie zurück. 
Wir andern bleiben und feuern, feuern, feuern. Nach einer Viertelstunde geht der 
zweite Halbzug zurück. Das macht den Russen wieder Mut. Sie springen vor und 
beginnen, den Hügel hinanzulaufen. Ein paar Lagen Kartätschen hinein, und sie liegen 
für eine Weile wieder glatt auf dem Bauch. Unser Geschütz steht nach einer halben
	        
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