Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

120 Die Ereignisse an der Ostfront im dritten Kriegshalbjahr 
Der Stellungskampf und die russischen Vorstöße an der Düna, gegen Barano- 
witschi, gegen Styr- und Strypafront und gegen Czernowitz 
Vom 6. Oktober 1915 bis 1. Februar 1916 
Die strategische Defensive, zu der die deutsche Oberste Heeresleitung Anfang Oktober 
1915 im Osten übergegangen war, bedingte eine gewisse Ruhe im Großen, der jedoch 
eine um so lebhaftere Tätigkeit im Kleinen gegenüberstand. Dos Auftreten eines Teiles 
der Armeegruppe von Mackensen und der Armee Gallwitz im Balkan, die Uebernahme 
des Oberbefehls der Armee v. Below durch General v. Fabeck und andere Veränderungen 
in der Gruppierung der deutschen Ostfront erweckten bei der russischen Heeresleitung die 
Hoffnung, sie könne gegenüber den verringerten Kräften der Mittelmächte ihre zähen 
Bemühungen zur Wiederherstellung der Lage und zur Festhaltung möglichst zahlreicher 
deutscher und österreichisch-ungarischer Truppen zu einem erfolgreichen Durchstoß steigern. 
Sie konzentrierte ihre Angriffsbewegungen auf drei, als Knotenpunkte durchgehender 
Bahnlinien besonders wichtige Orte, aus D ü n a b u r g, BaranowitschiundCzartorysk. 
Bei Dünaburg, dem Stützpunkt des Südflügels der russischen Dünalinie, kreuzen 
sich die Bahnen Warschau—Wilna—Petersburg, Libau—Smolensk und Riga—Smolensk, 
wichtige rückwärtige Verbindungen, die durch den Ausbau des Platzes zur mächtigen 
Festung geschützt werden. Die hier jedoch niemals völlig ruhende Angrifistätigkeit der 
Heeresgruppe v. Hindenburg und die Schwierigkeiten des Wald-, Sumpf- und Seen 
geländes, das der russischen Festung einen starken natürlichen Schutz verleiht, sowie die 
starke Armierung des Platzes selbst gestalteten den Kampf zu einem blutigen Ringen 
um jeden Fußbreit Bodens. Trotzdem gelang es den deutschen Truppen, mit ihrer 
Angriffsstcllung Dünaburg auf der West- und Südfront 'auf fünf bis zehn Kilometer 
Entfernung zu umgeben und langsam vorzudringen. Im Westen gab vor allen Dingen 
der Jlluxtabschnitt der Verteidigung eine gute Vorstellung, deren Ueberwindung 
durch die Einnahme von Jlluxt am 23. Oktober 1915, dem Hauptort an diesem Flüßchen, 
und den Uebergang über das Hindernis nördlich des Ortes glückte. 
Im Süden Dünaburgs erschwerte eine Secnkette, deren größtes Glied der Dryswja- 
tysee ist, die deutsche Annäherung'und schützte die offene Flanke der Festung wirksam. 
Trotz dieser Schwierigkeiten vermochte die deutsche Heeresleitung auch hier alle Angriffe 
abzuwehren, so besonders am 21. Oktober bei Kosjany; auch der Swenten- und Jlsensee 
sowie die Seenge von Gateni werden als Schauplätze heißen Ringens genannt, ebenso 
Smorgon am äußersten rechten Flügel dieser Heeresgruppe. 
Auch im Norden vor Riga, das gleichfalls durch Flußläufe und Seen fast von allen 
Seiten gegen Angriffe gut gedeckt ist, machte der deutsche Vorstoß Fortschritte; die Front 
wurde von der Eckau zur Misse, beides Nebenflüsse der Aa, vorgeschoben; dabei ist haupt 
sächlich bei Olai, südwestlich Riga gekämpft worden. Nördlich der Bahn Tukkum—Riga 
erreichte der deutsche linke Flügel die Seeküste und näherte sich der schmalen Landzunge, die 
die Aa in ihrem Unterlauf vom Meere trennt, und damit Riga selbst vom Westen wie von 
Südosten her, von Kekkau und Bersemünde. Zu äußerst im Norden versuchten die Russen 
am 22. Oktober 1915 bei D o m e s n e e s, an der Spitze der Landzunge, die den Eingang zum 
Rigaischen Meerbusen bildet, eine Landung, wohl um dadurch zu zeigen, daß sie den Meer 
busen von Riga noch immer beherrschten und die deutsche Flotte nach dem Auftreten 
englischer Unterseeboote auf ihre Operationsbafls wohl nach Libau zurückgekehrt sei. 
Mitte November 1915, nachdem General Rußki vcralsckiedet und durch Rad ko Di- 
mitriew im Kommando der Dünalinie ersetzt worden war, steigerte sich die Angriffslust 
der russischen Rigaer Kampfgruppe, um bald darnach für den Rest des hier behandelten 
Zeitabschnitts, also bis Anfang Februar 1916, in Schnee und Eis und Winterstürmen 
völlig zu erlahmen. Es herrschten Anfang Januar 1916 bis zu 22 Grad Kälte.
	        
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