Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Von Ostpreußens Kriegsnot 
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Vom Wiederaufbau Ostpreußens 
Die Kriegshilfekommission für Ostpreußen stellte in einer Sitzung am 
18. Dezember 1914 für die Organisation des Wiederaufbaus Ostpreußens Leitsätze auf, 
die, neben gewissen Maßregeln gegen Verunstaltungen, folgendes forderten: 
„Eine einheitliche Bauberatungsstelle für die Provinz mit ihr unterstellten örtlichen 
Organisationen ist erforderlich und durch geordnete Heranziehung der Bauberatungs 
stellen in baupolizeilichen Angelegenheiten ist ihre Wirksamkeit zu fördern. 
Ein Handinhandgehen der Staatsbauverwaltung mit der Hauptberatungsstelle für 
einheitliche Gestaltung der Stadtbilder ist erwünscht. 
Die Auswahl der anzustellenden Bauberater ist nicht auf Beamte zu beschränken, und 
auf praktische, technische und wirtschaftliche Erfahrungen ist der Hauptwert zu legen. 
Die Besoldung ist so zu regeln, daß wirklich geeignete Kräfte gewonnen werden können." 
Später wurde dann für den Wiederaufbau der zerstörten Ortschaften eine Zentral 
stelle in Königsberg geschaffen, die der Kriegshilfskommission für Ostpreußen unmittel 
bar unterstellt war. 
Geh. Baurat Fischer, das bautechnische Mitglied des ostpreußischen Oberpräsidiums, 
berechnete die Aufwendungen, die zum Wiederaufbau Ostpreußens nötig sind, auf rund 
310 Millionen Mark und kommt folgendermaßen zu dieser Summe: Insgesamt sind 
33 553 zerstörte Gebäude festgestellt worden. Da nun die Durchschnittskosten des Wieder 
aufbaues eines städtischen Gebäudes auf 25 000 Mark, die eines ländlichen Wohnhauses 
auf 15000 Mark und die eines Wirtschaftsgebäudes auf 5000 Mark berechnet werden, 
beträgt der allgemeine Durchschnittspreis 8500 Mark für einen Bau. Das macht insgesamt 
rund 285 Millionen. Außerdem müssen etwa 100000 Haushaltungen, allerdings zumeist 
kleine, einfache ländliche, neu ausgestattet werden. Fischer hält eine Durchschnittssumme 
von 250 Mark für die Ausstattung für ausreichend; es würden somit insgesamt 25 Mil 
lionen hierfür erforderlich sein. 
Fischer hat gleichzeitig zur allgemeinen Orientierung in der bautechnischen Presse die 
Grundsätze dargelegt, die für den Wiederaufbau von Ostpreußen maßgebend waren. Als 
Grundsatz galt, daß der Staat selbst nicht baute, daß es vielmehr jedes Geschädigten eigene 
Sache sei, für den Wiederaufbau seiner zerstörten Gebäude zu sorgen. Der Staat beschränkte 
sich darauf, den Wiederaufbau zu überwachen, durch Beratung in die richtigen Bahnen 
zu lenken, und da, wo es not tat, ihn anzuregen. Zu diesem Zweck sind die Bau 
beratungsstellen eingerichtet worden, an deren Spitze Bezirksarchitekten berufen wurden. 
Sie sollen daraus hinwirken, daß die Bauten wirtschaftlich richtig ausgeführt werden, 
daß ihre Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu den verfügbaren Mitteln stehen, 
daß sie den Regeln der Baukunst und den Bestimmungen der Baupolizei entsprechen und 
daß die Bauten auch gewissen ästhetischen Anforderungen genügen. 
Das Bestreben der Regierung richtete sich weiter dahin, dafür zu sorgen, daß alle irgend 
wie brauchbaren Kräfte der Provinz in erster Linie an die Arbeit herangebracht und voll 
ausgenutzt wurden, wobei nicht ausgeschlossen werden sollte, daß hier und da auch aus 
wärtige leistungsfähige Unternehmerfirmen mit eingriffen. Baracken als Notunterkunft 
zu bauen, hielt die Regierung nicht für vorteilhaft, da sich solche Bauten unverhältnis 
mäßig teuer stellen, dagegen empfahl sie für vorübergehenden Aufenthalt während 
des Sommers leichte Schuppen und, nach dem Muster der Feldbefestigungen, Erd 
höhlen mit leichter Bedachung. Wo Neubauten bis zum Winter nicht vollständig 
fertiggestellt werden konnten, wurden zunächst nur Ställe und Scheunen errichtet, 
mit provisorischen Wohnräumen für den Winter. Nur da, wo ganze Ortschaften nieder 
gelegt waren, empfahl die Regierung den Bau von Wohnbaracken für eine größere An 
zahl von Familien. In den Städten handelte es sich vor allem um die Ausstellung neuer 
Bölkerlrleg. XII. 7
	        
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