Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Vom türkischen Parlament 
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landSliebe war die Nation imstande, eine ihrer würdige Armee aufzustellen. Um Ihnen ein Bild 
zugeben, kann ich Ihnen sagen, daß die Zahl der von uns ausgehobenen Mannschaften zwei Mil 
lionen übersteigt. Die feindlichen Länder rufen die Jahresklaffe« zu den Fahnen ein, die viele Jahre 
später erst einberufen werden sollten. Wir dagegen arbeiten mit den gesetzmäßigen und gewohnten 
Jahresklaffen unserer Armee, die bisher viele schwere Prüfungen überstanden hat, aber ihre Stärke und 
Tapferkeit bewahrt hat. Sie wird das erste Element sein, das uns den endlichen Erfolg bringen 
wird. Heute kann nichts den türkischen, deutschen und österreichisch-ungarischen Schwertern wider 
stehe». Gegenwärtig kämpfen drei verbündete Heere siegreich gegen acht Verbündete. Mit Gottes 
Hilfe werden sie den Endsieg erringen. 
Da die Kriegsmittel» die von den Balkankriegen übrig blieben, unbedeutend waren, und da anderer 
seits unsere Verbindungen nach außen abgeschnitten waren, mußten wir mit den Erzeugnissen unseres 
Landes auskommen. Ich teile Ihnen aber mit, daß die Unterbrechung der Verbindung, die keine 
Gefahr bedeuten würde, selbst wenn sie andauerte, schließlich verschwinden wird. Infolgedessen kann 
der Bedarf unseres Heeres an Waffen und Munition und allem anderen sichergestellt werden. 
Die Armee wird stark ausgerüstet und bewaffnet sein. Die heldenhaften Gefühle, die der Sultan 
zeigte, geben dem Heere eine solche Kraft und ebenso der Nation, daß wir sicher sind, mit Gottes 
Hilfe den Sieg auf allen Seiten zu erringen und das angestrebte Ziel zu erreichen. Jeder einsache 
Soldat weiß, daß er sich nicht nur für 30 Millionen Türken schlägt, sondern auch für das Leben von 
300 Millionen Mohammedanern. Ich bin sicher, ebenso wie meine vom gleichen Arbeitseifer beseelten 
Kollegen, daß Gottes Hilfe uns ferner zuteil werden und uns den Sieg geben wird." 
Nach diesen zwei Reden nahmen einige Abgeordnete das Wort. Ein kurdischer Ab 
geordneter betonte in bewegten und ergreifenden Worten die Vaterlandsliebe der moham 
medanischen Bevölkerung der an den Kaukasus grenzenden Provinzen, die großen mate 
riellen Opfer, die ste freudig darbringe, um den Bedürfnissen des Heeres zu genügen, 
und hob den großen Andrang der Kriegsfreiwilligen aus diesen Gegenden hervor. 
Ein Abgeordneter des Irak beschrieb die Kriegsereignisse auf der mesopotamischen 
Front und erklärte, wie es England gelang, dadurch Basra zu besetzen, daß es schon 
vor der türkischen Mobilmachung mit Kriegsschiffen vor Mohammere erschien. Seine 
Absicht, gegen Bagdad und vielleicht Mofful schnell vorzurücken, scheiterte an dem 
Heldenmut der türkischen Armee. Unsere Truppen wurden stark durch die einheimischen 
Krieger unterstützt, die besonders seit der Verkündigung des heiligen Krieges, ermutigt 
durch ihre Geistlichen, besonders Schiiten, zur Fahne des Kalifen eilten, um den Irak 
zu schützen. 80 bis 100jährige Ulemas verbrachten Tag und Nacht unter Zelten und 
sogar die Frauen beteiligten fich an dem Kampf; vierzig von ihnen wurden getötet 
oder verwundet. Der Irak bewies somit, daß er ganz und unerschütterlich dem Kalifen 
und dem osmanischen Thron verbunden ist und bleiben wird. 
Zum Schluß forderte ein geistlicher Abgeordneter die Mitglieder des Hauses unter 
brausendem Beisall aus, Huldigungen für das Heer und die Regierung darzubringen. 
In der Sitzung vom 25. Oktober 1915 verabschiedete sich der Präsident Halil-Bey, 
der zum Minister des Aeußeren ernannt worden war (vgl. S. 328), von der Kammer, 
die darnach, auf die Mitteilung vom Tode des deutschen Botschafters v. Wangen 
heim (vgl. S. 329), der dem türkisch-deutschen Bündnisse so große Dienste erwiesen habe, 
zum Zeichen ihrer Trauer eine halbe Stunde lang die Sitzung unterbrach. In der 
darauffolgenden Neuwahl des Präsidenten wurde der frühere Mali von Adrianopel und 
Abgeordnete von Brussa Hadschi Adil mit 128 gegen 25 Stimmen gewählt. 
Aus der gesetzgebenden Tätigkeit der Kammer, aus die das folgende Kapitel über die 
wirtschaftlichen Maßnahmen zurückkommt (vgl. S. 327 f.), sei nur noch hervorgehoben, 
daß das seit Oktober 1914 (vgl. IV, S. 172) vorläufig angewendete Gesetz über die 
Aufhebung der Kapitulationen, sowie ein Gesetz über ein neues Gerichts 
verfahren bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Osmanen und Ausländern 
unter allgemeinem Beifall genehmigt wurden.
	        
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