Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Der Kampf um die Dardanellen und die Räumung der Gallipoli-Halbinsel 27 
die farbigen, wie die weißen, für tapfere Soldaten erklärt, aber die Führung bemängelt, 
die in der Hand von Offizieren ruhe, die theoretisch militärisch ungebildet seien und 
deren Kriegserfahrung sich aus den Kämpfen mit wilden Völkern herleite. Die eng 
lischen Vorrichtungen für Kranken- und Verwundetenpflege seien ungenügend, die Sterb 
lichkeit sei groß, und die Abschiebung nach Malta sei für viele erst recht der Tod. Der 
hochfahrende englische Ton, der vielleicht nicht so schlimm gemeint sei, mache die Eng 
länder und namentlich ihre Führer unbeliebt, umsomehr als ihre militärischen Bildungs 
mängel klar zutage träten. Die Franzosen bemühten sich, gute Beziehungen zu ihren 
englischen Genossen zu halten, Soldaten wie Offiziere. Sie seien eine gute soldatische 
Truppe, mit Ausnahme der Schwarzen, die enttäuscht hätten. Franzosen allein ohne Eng 
länder hätten nach französischer Meinung vielleicht Erfolg gehabt. Bei ihnen sei alles 
besser als bei den Engländern; fie sähen die Fehler des britischen Oberkommandos und 
machten fie ungern mit. Man sage, daß je mehr nach oben, um so größer die Un 
stimmigkeit werde. Auch der Nachschub sei nicht guEgeregelt, die französtschen Truppen 
teile seien viel zu schwach." 
Daß Grund zu Klagen vorhanden war, gibt auch der Brief eines englischen Offiziers 
zu, der nach Amsterdamer Meldungen des „Schwäbischen Merkurs" (22. IX. 15) in 
einem großen Birminghamer Blatt erschien; doch sieht er die Ursachen nicht bei den 
Engländern sondern bei den Franzosen. Der Offizier bestätigt zunächst, daß das 
Expeditionskorps von mörderischen Epidemien heimgesucht wurde, erklärt jedoch, daß 
die Schuld nicht an den mangelhaften englischen Sanitätseinrichtungen liege, wie be 
hauptet worden sei, sondern einzig und allein an der unglaublichen Unreinlichkeit und 
Nachlässigkeit der französischen Kolonialtruppen, die die elementarsten Gesundheits 
regeln nicht befolgten. So konnten sich Typhus und Dysenterie in erschreckender Weise 
verbreiten; auch nach Gibraltar sollen Verwundete den Typhus verschleppt haben. An 
fang Oktober war es, wie der Unterstaatssekretär Tennant in der Sitzung des englischen 
Unterhauses vom 20. Oktober erklärte, gelungen, der Epidemien etwas Herr zu werden. 
Die wahre Stimmung und die Verhältnisse unter den englischen Truppen, die, nach 
dem Franzosen und Koloniale beinahe ausgebraucht waren, den Hauptfeind aus Galli- 
poli abgaben, hat Emil Ludwig von den Gefangenen zu erkunden versucht, und über 
seine Ergebnisse im „Berliner Tageblatt" (9. X. 15) berichtet. Er schreibt da: „Ich 
saß in der Mitte des Gefangenenzeltes, die Engländer hockten und lagen umher, dreißig 
oder mehr frische Beute, unverwundet, sehr ruhig, rauchend und guter Dinge. Es 
waren meist sehr junge Leute, nur einige mochten der Dreißig nahe sein. 
Ich bat den türkischen Offizier, sie zu fragen, und half nur selten mit einem Worte 
aus. Ich teile das allgemeine Mißtrauen gegen Aussagen von Gefangenen: meist haben 
sie zuviel Uebles hinter sich, um es mit ihrem endgültigen Machthaber verderben zu 
wollen, und so erfährt man meistens nur, was man erfahren wollte. Diese hier waren 
aber besonders interessant, weil sie mancherlei Unerwünschtes vorbrachten, und weil die 
Iren — am Typ sogleich erkennbar — sichtlich freier sprachen, als es den wenigen Eng 
ländern unter ihnen lieb war. Vergebens suchte ein englischer Sanitäter durch „Don’t 
teil him“ einen jungen Iren am Reden zu hindern. 
Eines ist gewiß: Ausbildung lange, meist zehn bis zwölf Monate bei Lord Kitchener. 
Armierung tadellos — einschließlich vortrefflicher Karten beim gemeinen Soldaten! 
Aber Mangel an Decken, daher Glut am Tage im Graben. Verpflegung dagegen — 
gemäß der schwierigen Lage vor und nach dem Landen — sehr unzureichend; zweimal 
Tee, etwas Fleisch, Kakes. Kein Gemüse, kein Brot. Eine Tasse Wasser pro Tag! 
Diese Daten gebe ich nach Erkundigung nicht nur bei diesem Trupp Gefangener, sondern 
bei einer Reihe deutscher und türkischer Stabsoffiziere, die frühere Trupps verhört haben.
	        
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