Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Zusammenfassende Darstellung der Kämpfe aus den italienischen Kriegsschauplätzen 7 
der Nacht der Sturm der Infanterie in immer neuen, immer wieder zusammenkartätschten 
Kolonnen, die durch drakonische Erlasse zu äußerster Disziplin aufgefordert worden waren. 
Hat denn die italienische Heeresleitung aus den verlorenen beiden Schlachten nichts 
gelernt? Aus ihnen nicht; wohl aber hatte der französische Generalissimus Joffre mit 
einem Stab sachverständiger Offiziere die französische Angriffstaktik nach Tirol und an 
den Jsonzo verpflanzt. Wo immer es die Bodengestaltung zuließ — auf den Plateaus 
von Vielgereuth und Doberdo — begannen die Italiener sich in Sappen systematisch 
heranzuarbeiten. Sobald die Sappen bis an die österreichisch-ungarischen Minenfelder 
gelangt waren, suchten eigene technische Abteilungen die Minen zur Explosion zu bringen 
und das tödliche Netz der Drahtverhaue mit Drahtscheren zu zerschneiden . . . 
Dieses Abtasten der österreichisch-ungarischen Front währte wochenlang, ehe das allgemeine 
Bombardement an allen Abschnitten gleichzeitig einsetzte, und auch für dieses Bombardement 
aus neuen und erneuten Rohren aller Kaliber hatte Joffres Stab seinen für die Italiener noch 
neuen technischen Begriff mitgebracht: das Trommelfeuer," das am 20. und 21. Oktober 
fünfzig Stunden lang Eisen und Vernichtung auf die österreichisch-ungarischen Gräben spie. 
Als die Italiener die Stellungen und die Nerven ihrer Gegner zermürbt glaubten, 
begannen sie mit dem allgemeinen Sturm auf der ganzen Linie. Am 15. Oktober fiel 
die erste schwere Granate und am 18. Oktober fand der erste Jnfanterie-Nahkamps statt. 
Schon damals wurde deutlich, daß die Italiener ein neues großes Durchbruchsunternehmen 
beabsichtigten, daß sich die kleineren Gefechte zu einer großen Schlacht verdichteten. Der 
Hauptstoß war wiederum wie früher schon gegen den Raum von Tolmein und bis zum Meere 
gerichtet, der sich in drei größere Abschnitte gliederte, von denen jeder sein eigenes Leben 
hatte: den Brückenkopf von Tolmein, den Brückenkopf von Görz und das Plateau von Doberdo. 
Dementsprechend sind drei zeitliche Perioden zu unterscheiden: die erste vom 18. bis 
22. Oktober, ausgefüllt mit Kämpfen auf der ganzen Front, namentlich aber im Krn- 
gebiet und am Tolmeiner Brückenkopf; die zweite vom 22. bis 26. Oktober: in dieser 
haben die Italiener nicht mehr die volle Kraft und versuchen es nur mit der Berennung 
von Teilen der Front, des Tolmeiner Brückenkopfes und des Doberdo-Plateaus. In 
dessen südlichem Raume konnte die Schlacht allerdings bereits am 24. Oktober als be 
endet angesehen werden, da hier große Verluste bei ^den ersten Angriffsversuchen über 
Vermegliano hinaus und die infolge des schlechten Wetters für den Nachschub der 
Reserven ungünstigen Wegverhältnisse den Italienern die Aussichtslosigkeit jeder weiteren 
Unternehmung eindringlich gemacht hatten. 
Am 28. Oktober 1915 stammte dann der Kampf auf der ganzen Front abermals auf, 
worauf nach einigen ruhigeren Tagen nach Heranziehung beträchtlicher Verstärkungen 
von der Tiroler- und Kärntnerfront die dritte Periode am 1., 2. und 3. November 1915 
die heißesten Kampftage um den Görzer Brückenkopf brachte. 
Nur an einem Frontteil, am Nordrand der Hochfläche von Doberdo, ist ununterbrochen 
gekämpft worden; besonders die Höhen von San Michele lund San Martina waren 
unausgesetzt von heftigsten Stürmen umtobt. 
„Die Oesterreicher und Ungarn," erzählt Leonhard Adelt in seinen überaus anschaulichen 
Schilderungen im „Berliner Tageblatt" (3. und 6. XI. 15) weiter, „die vermeint hatten, 
daß nach den Schrecknissen der vergangenen Schlachten eine Steigerung nicht mehr möglich 
sei, sie fanden sich in den Tagen des 20. und 21. Oktober 1915 durch fünfzig helle, dunkle 
und wieder helle Stunden in einem Teufelskessel, voll Gebrüll und Feuerzungen, schwarz 
geballten Fontänen spritzender Eisenstücke, zerkrachender Deckungen, zerrissener Menschen 
leiber, stöhnender Kameraden. Wir, die wir nur das Nachspiel dieses Danteschen Höllen 
epos miterlebten, frugen uns fassungslos, wie es möglich ist, daß Menschen darin atmen, 
vor dem stürmenden Feind auferstehen und ihm ungebrochenen Mutes den Tod ansagen.
	        
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