Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

D i e Winterkämpse am Jsonzo 
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neuer Anstrengung. Da blitzt es aus. Eine Wolke von krachendem Fels und rieselndem 
Schnee. Hallender Donner. Die Felsen werfen den Schall minutenlang zurück. Noch 
verhindert der sinkende Schneestaub, die Wirkung zu sehen, aber Schmerzensschreie und 
lautes Jammern verrät sie. Unsre Blicke versuchen vergeblich, die flimmernde, glitzernde 
Mauer zu durchdringen, Minuten vergehen, bis der Wirbel sich senkt. Was unsere 
Augen gewahren, macht selbst die an grausige Anblicke gewöhnten Krieger ernst. Die 
Wirkung war ungeheuer. In mehr als fünfzig Meter Breite klafft eine dunkle Oeffnung 
zwischen den Blöcken. Der Schnee ist verschwunden. Ein schwarzer, tiefer, mit Trümmern 
und Leichen gefüllter Trichter gähnt dort, wo vor Minuten noch pochende Herzen sich an 
den weichen, blendenden Schnee schmiegten. Die Italiener hat ein Schauer des Ent 
setzens erfaßt. Eine gute Weile vergeht, bis sie ihre Fassung wieder finden. Indessen 
erglühen die Gipfel ringsum, sie leuchten in Hellgelb oder Rosa. Der Zeitpunkt zum 
Angriff ist für die Italiener schon verpaßt, doch mit anerkennenswerter Tapferkeit geben 
sie ihn nicht auf. Sie dringen weiter vor und beginnen das Feuer. Es ist ziemlich 
wirkungslos, denn schon überflutet das aufsteigende Tagesgestirn auch die Mulde mit 
seinem gleißenden Licht, der Schnee glitzert wie ein Meer von Brillanten und Edel 
gestein, er blendet. Sie schätzen die Distanzen zu kurz. Bei uns arbeiten allein die 
Maschinengewehre. Nur bei der rechten Seitendeckung am schmalen, steilen Grat, etwa 
tausend Schritte gegen Norden, weist Gewehrfeuer die italienischen Skiläufer ab. 
Einige Sappeure haben sich trotzdem bis an den ersten Drahtverhau herangemacht und 
beginnen nun dort emsig ihre gefahrvolle Arbeit. Wir leuchten ihnen gleich mit Minen 
werfern und Handgranaten heim; sie purzeln davon in überstürzter Hast. Die Front- 
gruppe hat sich inzwischen ganz nahe herangearbeitet. Nun nehmen wir sie einzeln 
aufs Korn, sie fallen und überschlagen sich in ganz erklecklicher Zahl. Gegen den 
Vorsprung, aus dem unsre Steinbatterien stehen, der sehr steil ansteigt und an 
scheinend Deckung gegen unser Feuer gewährt, drängt sich ein feindlicher Haufe 
zusammen. Das ist der Moment für die Steinlawinen. Die Posten lockern schon die 
Verankerung, stemmen die Hebebäume an und kappen die letzten Verbindungen. Die 
schiefe Schneefläche beginnt zu rücken, zu gleiten, dann poltert sie los. Zuerst einzelne 
Blöcke, dann die ganze Masse. Hinter ihr her jagt kleines Geröll und allerhand 
Trümmerwerk. Springend und sausend tanzt die ganze meterzentnerschwere Masse immer 
rascher und rascher die steile Bahn hinab. Was ihr in den Weg kommt, zermalt sie, 
reißt es in die gähnende Tiefe mit. Der ganze dichte Haufen, der früher kletternd 
heraufstrebte, macht die Reise mit bis ihn tief unten am Hang eine Waldwand aussängt. 
Nun geht es auch unten im Tale los, im Flitscher Becken donnern die Kanonen, 
und am Kamme des Javorcek, im Südosten, blitzen Schüsse auf. Bei uns aber geht 
es dem Ende zu. Der Gegner hat alle Lust verloren, den Angriff fortzusetzen. Er 
baut langsam ab und geht vorsichtig zurück. Nur einzelne weisen uns drohend die 
Fäuste, aus die unsre Schützen wie nach einer Scheibe schießen und noch manche 
zerschmettert zum Sinken bringen. Wir haben einige Verwundete verloren, vor uns 
aber dehnt sich ein Leichenseld, das uns an die blutigsten Tage im Norden erinnert. 
Die Beschießung von Görz 
Vom 18. Oktober 1915 bis Mitte Februar 1916 
Die Beschießung von Görz begann, nach einem Bericht aus dem K. u> K. Kriegs- 
pressequartier vom 15. November 1915, bereits am 18. Oktober 1915 und 
dauerte mit wechselnder Stärke ununterbrochen fort. An manchen Tagen fielen mehr 
als hundert Schuß aller Kaliber, besonders aber schwere Schrapnelle, in die Stadt. 
Die Beschießung begann meist in den ersten Frühstunden und erreichte zwischen 3 und 4 Uhr
	        
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