Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

88 Der italienische Krieg während des dritten Kriegshalbjahres 
Stellungen an. Dreimal ertönte der feierliche Ruf „Savoia“ in diesen wilden Tälern, 
aber unser Schwung, unsere Opfer waren vergebens. Zu viele Hindernisse waren zu 
überwinden, zu viele der tödlichen Waffen, mit denen uns die Feinde trafen. Man 
versuchte es in der nächsten Nacht von neuem: dasselbe Ergebnis. Aber wenn auch 
noch so viele unserer Brüder ihr Leben ließen, so verließ uns doch nicht das feste Ver 
trauen auf den Sieg. Und er kam, wie ihn unsere Ausdauer verdiente. 
Es war mittags, den 28. Oktober 1915. Es schneite so stark, daß wir nur wenige 
Meter weit sahen, da wurde unerwartet der Befehl zum Sturm gegeben. Ein einziges 
Bataillon sollte unter dem Deckmantel des schlechten Wetters den Feind überraschen. 
Dieses Bataillon war das meinige. Vertrauensvoll erstiegen wir den steilen Hügel. 
Der Schnee, vom starken Sturmwind ruckweise herangeweht, peitschte unsere Gesichter 
und benahm uns den Atem; die Lust war eisig, die Kälte fürchterlich, aber man hörte 
keinen Schrei, keinen Laut; nur das mühsame Keuchen von tausend Brüsten, die dicht 
gedrängt immer höher dem ersehnten Ziel entgegenstiegen. Wir gelangten bis aus zehn 
Meter an die feindlichen Drahtverhaue, die schon von unserer Artillerie völlig zerrissen 
waren, ohne daß die Feinde eine Ahnung von der verderbenbringenden Lawine hatten, 
die ihre Verstecke zu überfluten im Begriffe stand. Keiner atmete mehr, man hörte 
unsern Herzschlag. Da, ein einziger scharfer Schrei durchschneidet die Lust. Das 
„Savoia“ des Majors. Tausend Stimmen nahmen das Echo auf und donnerten den 
schönsten Kriegsrus, und wie ein Geschoß stürzte sich der Hausen aus die feindlichen 
Schützengräben. Der erste war ganz mit österreichischen Leichen, den Opfern unserer 
Artillerie, angefüllt, aber die Lawine ging darüber hinweg, nahm den zweiten und dann 
den dritten Graben. Die Feinde hatten nicht einmal Zeit, einen Schuß abzugeben; 
es waren nahezu 300 Mann und alle flehten um Gnade. Die Beute bestand aus acht 
Maschinengewehren, mehr denn 400 Gewehren und großen Vorräten von Munition 
und Lebensmitteln" (vgl. die italienische Meldung vom 30. Oktober 1915, S. 84). 
Doch die Erfolge der Italiener waren stets nur von kurzer Dauer, wie sich sowohl 
aus den Meldungen des österreichisch-ungarischen Generalstabs als auch aus einem zu 
sammenfassenden Bericht ergibt, den einer der Verteidiger des Col di Lana der „Köl 
nischen Zeitung" (24. HI. 15) eingesandt hat. „In den Tagen heftiger Angriffstätig 
keit der Italiener erhielten wir," erzählt der Briefschreiber, „durchschnittlich 3000 Ar 
tilleriegeschosse aller Kaliber auf unsere Stellungen. Einmal wollten sie wieder den 
Gipfel haben. Es schwieg die Artillerie der Italiener, und die unsere desgleichen. Ein 
jeder von uns kannte die Bedeutung dieser Ruhepause, Geist und Körper rüsteten sich, 
aber die Fibern bebten nicht, das hatten wir uns in dieser Hölle schon längst ab 
gewöhnt. Es war abends, die Italiener wollten also zur Abwechslung einen Nacht 
sturm unternehmen. Von der einen Seite des Berges setzte das „Tak tak" der Ma 
schinengewehre ein; für uns aber war der Feind noch unsichtbar. Allmählich mischte 
sich auch die eine und die andere unserer Kanonen in den beginnenden Kamps; von den 
Gräben, die sich von der Spitze ins Tal zogen, gab man Einzelfeuer. Das war das 
Zeichen, daß der Feind in Schußweite gekommen und nun schlugen auch schon Tau 
sende feindlicher Gewehrkugeln — Salvenfeuer — gegen unsere Stellungen. Da begann 
erst die verheerende Arbeit unserer Artillerie. Mit größter Feuerschnelligkeit warfen 
unsere „Spritzen" Blei und Eisen in die Reihen der anstürmenden Feinde, man hörte 
nur mehr ununterbrochen Donner, der Wald, bedeckt von dichten Rauchwolken, schien 
Feuer zu speien. Nicht der Bruchteil einer Sekunde blieb von unsern Artilleristen un« 
benützt, und in den unablässig rollenden Donner mengte sich das dumpfe Aufschlagen 
der Handgranaten und der Minenwerfer. Ich stand ausrecht und freigegeben auf einem 
Felsvorsprunge und leitete das Feuer der Artillerie, dessen Wirkung furchtbar gewesen
	        
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