Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

86 Der italienische Krieg während des dritten Kriegshalbjahres 
schieben, folgte die schnellste Zurücknahme der feindlichen Batterien. An diesen Sperr 
forts hat man unmittelbar unter dem niederprasselnden Feuer des Feindes sehr in 
teressante und sehr merkwürdige Beobachtungen gemacht. 
Die italienische Artillerie schießt brillant. Aber vor jedem einzelnen Fort steht sie 
wie vor einem Phönix, der sich blitzschnell verjüngt, kräftiger als vordem aus der 
eigenen Asche erhebt. Ein Artilleriesachverständiger, der zugleich der Erbauer eines der 
Werke ist, hat zu Kriegsbeginn berechnet, daß sein Werk 500 Volltreffer auszuhalten 
vermöchte. Der Gang der Ereignisse hat ihn sicher angenehm enttäuscht, denn in der 
Kapelle des betreffenden Werkes wurde neulich das Jubiläum des 5000. italienischen 
Volltreffers gefeiert. Das Fort aber lebt und kämpft durch die vollendetste Auferstehungs 
technik, die es geben kann, widerstandsfähiger, kraftvoller weiter als je. Arbeiter sind 
unaufhörlich im Fortinnern beschäftigt; die gesamte Besatzung hält dauernd das Werk 
schußbereit und panzerfest, indem sie unverzüglich jeden entstandenen Schaden wieder 
wettmacht. Die Italiener wissen von den Ausbesserungsarbeiten; sie sehen sie, sie ver 
fluchen sie, aber sie können sie nicht hindern. 
Nacht um Nacht werden Unmengen von Beton gemischt, bei Tage werden sie dort, 
wo sie nötig sind, schnell eingefüllt. Die Sonne brennt sie in kurzer Zeit härter als 
Stahl. An die Nerven der Besatzungen stellt der Aufenthalt in den Festungen die 
höchsten Anforderungen. Mit jedem einfallenden Geschoß dröhnt die ganze Festung in 
Grund und Boden, bis tief hinab zu der unter der Erde befindlichen Offiziersmesse, 
aber Offiziere und Mannschaften fühlen sich doch sehr sicher in ihrem Fuchsbau. Er 
hat allmählich überall Betonpanzer von unwahrscheinlicher Dicke bekommen. Der An 
blick solch einer Festung zeigt heute von außen das Bild eines riesigen Erdhaufens voll 
Trichtern und Erdlöchern vor dem Werk und hinter dem Werk. Flammten nicht un 
unterbrochen die Schußkanäle der eigenen Mörser auf, so könnte mit bestem Willen 
kein Mensch hier einen festen Platz von wirklichem militärischem Wert vermuten. 
In den südtirolischen Sperrforts ist bisher nicht ein einziges Geschütz der K. u. K. 
Artillerie trotz der italienischen Treffer, die das eine oder andere Fort hatte, demontiert 
worden. Die Schäden, die die Wege im Feuerbereich der italienischen Artillerie er 
leiden, werden ebenso schnell und unermüdlich ausgebessert, wie die etwaigen Schäden 
der Werke selbst. Trotz der umherprasselnden Geschosse bleiben die Straßendampswalzen 
Tag und Nacht an der Arbeit. Die italienischen Flieger tun alles, um sie durch Bomben 
würfe zu erfreuen und das Feuer ihrer Batterien aus sie zu lenken. Das Feuer ist 
dann reichlich. Neulich hat ein Artillerieoffizier ausgerechnet, daß die Kosten solch 
einer Dampfwalzenbeschießung meist den Betrag ausmachen, für den man zehn neue 
Dampfwalzen kaufen kann. Die Straßen aber sind verblüffend schnell wieder heil. 
Fast täglich erscheint der Festungskommandant in den Werken. Er überzeugt sich 
davon, wie die Werke anstatt widerstandsschwächer täglich widerstandsstärker, und an 
statt begrenzter, durch die Zerstörung immer umfangreicher durch Zubau und Neubau 
werden. Es ist, als hätte jeder einzelne Mann in diesem Existenzkampf seine Kräfte 
verhundertfacht und seine Intelligenz multipliziert. 
Eine Merkwürdigkeit ist noch zu erwähnen. Neben den schwersten modernen Kalibern 
hat man lediglich aus Pietät noch ein paar von den ehrwürdigen Mörsern stehen lassen, 
die schon 1866 den Italienern zum Tanz aufspielten. Die braven Veteranen kommen 
im Atem mit den furchtbaren Donnerern von 1915 nicht mit, mit denen ihre Nachbar 
schaft rechts und links bespickt ist. Aber diese alten Kanonen, die man nur gelegentlich 
und nur symbolisch feuern läßt, sind wie die ältesten Standschützen mit den Silberbärten 
in den Schützengräben. Sie haben noch immer nicht das Schießen verlernt. Sie wollten 
beide nicht zu Hause bleiben, wenn es noch einmal gegen Italien geht."
	        
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