Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Die große Offensive zwischen der unteren und oberen Weichselbis zum Fall von Warschau 179 
In Deutschland, Oesterreich-Ungarn und in der Türkei wurde die Nachricht vom 
Fall von Warschau mit Freude und Jubel begrüßt. Kaiser Wilhelm und die Könige 
von Bayern, Sachsen und Württemberg wechselten Glückwunschtelegramme. In Berlin 
wurde mit 60 Schuß Viktoria im Lustgarten geschossen; in Wien, wo fast gleichzeitig auch 
der Fall von Jwangorod bekannt wurde, fanden Freudenkundgebungen vor dem Kriegs 
ministerium statt, und auch in Budapest und in Prag wie in den übrigen Städten der 
Monarchie und Deutschlands, kam der Jubel der Bevölkerung über die Besetzung der 
beiden Festungen in Massenkundgebungen zum Ausdruck. Auch in Konstantinopel 
machte die Bekanntgabe der Einnahme von Warschau den tiefsten Eindruck. 
„Aus dem wütenden Waffenlärm der Riesenschlacht, die von der Ostsee bis zum 
Dnjestr über die Ebenen Osteuropas tobt, drang der Name Warschaus empor wie der 
Helle Klang einer ehernen Posaune," schreibt die „Frankfurter Zeitung". „Er ries die 
Verbündeten auf zur Andacht und zur Feier des Sieges, er tönte als Mahnruf über 
die ganze Welt, als Vorbote des Gerichts. Auf den entlegensten Inseln des Ozeans, 
in den letzten Steppen Asiens wird man von Warschaus Fall hören und reden, und die 
Kunde wird überall die Macht und Größe der verbündeten Reiche bezeugen." 
Die deutsche Verwaltung in Warschau 
Der Oberbefehlshaber der in Warschau eingezogenen deutschen Truppen, Generalfeld 
marschall Prinz Leopold von Bayern, hat der „Deutschen Lodzer Zeitung" zufolge nach 
stehende Bekanntmachung an die Einwohnerschaft der Stadt Warschau erlassen: 
„Einwohner von Warschau! Eure Stadt ist in deutscher Gewalt! Aber wir führen 
Krieg nur gegen feindliche Truppen, nicht gegen friedliche Bürger. Ruhe und Ordnung 
soll gewahrt, das Recht geschützt werden. Ich erwarte, daß Warschaus Bürger keine 
feindlichen Handlungen unternehmen, dem deutschen Rechtsgesühl vertrauen und den An 
ordnungen unserer Truppenbesehlshaber Folge leisten werden. 
Der deutschen Heeresleitung ist aber bekannt geworden, daß der Feind Anschläge gegen 
die Sicherheit unserer Truppen in Warschau vorbereitet hat. Darum bin ich gezwungen, 
die Häupter und angesehensten Bürger der Stadt als Geiseln zu nehmen, die mir für 
die Sicherheit der Truppen bürgen. An Euch ist es, das Leben dieser Eurer Mitbürger 
zu schützen. Wer darum Kenntnis hat von geplanten Anschlägen irgendwelcher Art, 
hat im Interesse seiner Mitbürger wie der Ruhe und Sicherheit der Stadt Warschau 
die Pflicht, solches ungesäumt bei der deutschen Militärbehörde zur Anzeige zu bringen. 
Die Todesstrafe hat derjenige zu gewärtigen, der sich einer Unterlassung in dieser Hin 
sicht schuldig macht oder gar Anschlägen Vorschub leistet." 
Zum Gouverneur von Warschau ist der Kommandierende General d. Inf. 
Freiherr v. Scheffer-Boyadel ernannt worden, der durch den berühmten Durch 
bruch eines Reservekorps der 9. Armee bei Brzeziny im Dezember 1914 (vgl. IV, 
S. 52) bekannt wurde. Ihm steht als Zivil-AdlatuS Graf Hutten-Czapski, Mit 
glied des preußischen Herrenhauses, zur Seite. Zum Präsidenten von Warschau ist Fürst 
Zdzyslaw Lubomirski ernannt worden, zum stellvertretenden Präsidenten Peter 
Drzewiecki. Vollziehungsbehörde des Präsidenten ist die Warschauer Bürgerwehr. 
Freiherr v. Scheffer-Boyadel (Bildnis IV. nach S. 52) geboren am 26. März 1881, stammt 
aus bürgerlichen Kreisen. Er hat 1890 den Adel und Anfang 1906 den Freiherrntitel erhalten. 
Bei Ausbruch des Feldzugs 1870 trat Scheffer auf Beförderung in das Infanterieregiment 83 ein, 
erhielt als Fahnenjunker das Eiserne Kreuz 2. Klasse, wurde 1871 Leutnant, 1883 Hauptmann im 
Generalstab, 1888 Kompagniechef im Kaiser-Alexander-Regiment und ist im folgenden Jahre als Major 
wieder in den Generalstab versetzt worden, dem er dann mit einer Unterbrechung durch Frontdienst 
als Bat.-Kommandeur im 4. Garderegiment bis zum März 1899 angehört hat. 1897 wurde v. Scheffer
	        
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