Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

316 Frankreich während des dritten Kriegshalbjahres 
14. November 1915. 
Der neugegründete antideutsche Klub von Frankreich hielt seine erste Generalversamm 
lung im Palais de la Mutualite unter dem Vorsitz des Exministers und Abgeordneten von Paris, 
Puech, ab. Ehrenmitglieder sind die Oberhäupter aller Ententestaaten. Bei der Versammlung waren 
die Handelskammern der bedeutendsten Städte des Vierverbands vertreten. Das Programm des 
Klubs umfaßt zunächst den Zusammenschluß aller bisher gegründeten ähnlichen Vereine mit antideutschen 
Bestrebungen auf der ganzen Welt. Weiterhin sollen die Maßregeln beraten und in einer Denkschrift 
zusammengefaßt werden, die zum Ausschluß des deutschen Handels aus den Ländern 
des Vierverbands selbst und aus deren Absatzgebieten führen können. 
17. November 1915. 
Im Aufträge aller größeren industriellen und kommerziellen Verbände sowie der meisten Banken 
Frankreichs hat sich eine Abordnung nach New Jork begeben, um mit ausdrücklich gegen Deutsch 
land gerichteten Absichten den Boden für engere Handelsbeziehungen zwischen den Vereinigten Staaten 
und Frankreich nach dem Kriege vorzubereiten. 
6. Februar 1916. 
Der französische Handelsminister Clementel empfing eine Abordnung von Vertretern der indu 
striellen Fachverbände, die ihm ihre Wünsche über eine völlige Unterbindung der Einfuhr deut 
scher und österreichischer Waren nach Frankreich vorbrachten. Der Minister und die 
Delegierten gelangten zu folgenden Entscheidungen: Die der Verwaltung durch das Gesetz vom 
18. August 1915 erteilte Ermächtigung, die Beschlagnahme von Waren in Zollämtern aufzuheben, 
darf nur nach Einholen eines motivierten Gutachtens des zuständigen Fachvereins ausgeübt werden. 
Ausnahmen werden nur zugunsten solcher Gegenstände gemacht, welche die Kriegsverwaltung unbe 
dingt für die Nationalverteidigung bedarf. 
Anfang Dezember 1915. 
Einer Anzahl schwedischer Parlamentarier und Journalisten, die sich zu Studien 
zwecken nach den kriegführenden Staaten begeben hatten, ist in Paris von der Kammer-Kommission 
für auswärtige Angelegenheiten ein Frühstück gegeben worden, bei dem der Präsident der Kommission 
Georges Leygues eine Begrüßungsansprache hielt. Darin sagte er u. a.: „Wir verlangen von 
den Neutralen nur, daß sie das bezeugen, was sie gesehen haben, daß sie ausdrücken, auf welcher 
Seite die Ehre ist, daß sie sagen, ob die Menschenfamilie abdanken und sich der Herrschaft derjenigen 
unterwerfen solle, die die Freiheit und das Recht mit Füßen treten." 
Redakteur Christiernson und Dozent Böök bestätigen nach der „Frankfurter Zeitung (9. HI. 15) 
in einer im „Aftonbladet" veröffentlichten Unterredung, daß man in Frankreich von Anfang an ver 
sucht habe, der Mission ein amtliches Gepräge zu geben. Einen peinlichen Eindruck habe die gehässige 
Stimmung gegen Deutschland und die französische Behandlung der Kriegsgefangenen gemacht. 
1. Januar 1916. 
Der Präsident der Republik, Poincare, richtete anläßlich der Iahreswende an die 
Offiziere und Soldaten der französischen Armee ein Schreiben, in dem er zunächst 
daran erinnerte, daß die Zivilbevölkerung dem Beispiel der Eintracht und des guten Einvernehmens, 
mit dem ihr die Soldaten in den Schützengräben und auf den Schlachtfeldern vorangingen, folge. 
„Allenthalben herrscht die kalte und wohlbedachte Entschlossenheit, auszuhalten, durchzuhalten und zu 
siegen. Denn jedermann kann erkennen, daß der Einsatz dieses Krieges ein furchtbarer ist, daß es 
nicht allein unsere Würde, sondern unser Leben gilt." Poincare erklärte sodann, daß die Nation 
vor dem Problem stehe, zu wählen zwischen resigniertem Vasallentum oder wirtschaftlicher Unabhängig 
keit und nationaler Autonomie. Eine mittlere Lösung gäbe es nicht. Jeder Friede, der in verdäch 
tiger, zweideutiger Form unter fragwürdigen Abmachungen und falschen Kombinationen Frankreich 
dargeboten werden sollte, würde ihm unter trügerischer Außenseite doch nur Unehre, Ruin und 
Knechtschaft bringen können. Der Krieg sei wohl hart, lang und blutig, - indessen dürfe man nicht 
außer acht lassen, wieviel künftiges Weh durch die jetzigen Leiden Frankreich erspart werden könne. 
Kein Franzose würde sich des Verbrechens schuldig gemacht haben, diesen Krieg zu wünschen. Alle 
Regierungen seit 1871 hätten sich bemüht, ihn zu vermeiden. Nun aber müsse Frankreich gemeinsam
	        
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