Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

D i e Beziehungen zu den verbündeten Staaten 
315 
8. Februar 1916. 
Der französische Finanzminister Ribot ist in London zu einer Besprechung mit dem englischen 
Schatzkanzler MaeKenna eingetroffen. 
9. bis 14. Februar 1916. 
Der französische Ministerpräsident Briand hat sich, begleitet von dem Minister Läon Bour- 
gois, von General Pellet, dem Unterstaatssekretär für Munition Thomas und dem ihm bei 
gegebenen General Dumezil, sowie dem politischen Direktor im Ministerium des Auswärtigen Mar 
ge rie nach Rom begeben, wohl um Italien von der Politik abzubringen, daß es nur seinen beson 
deren Krieg, d. h. den Krieg gegen Oesterreich-Ungarn, zu führen habe (vgl. das Kapitel Italien 
während des dritten Kriegshalbjahres, Bd. XI). Briand empfing nach seiner Rückkehr am 14. Februar 
im Ministerium des Auswärtigen eine Anzahl von Politikern, denen gegenüber er betonte, wie tief 
gerührt er von dem Empfang gewesen sei, den ihm der König, die Regierung und das Volk in 
Italien bereitet hätten. Ueber die Bedeutung der Romreise Briands schrieb „Petit Parisien" 
(16. II. 1916), daß der Vierverband am Vorabend einer neuen Entwicklung stände. Zwei Kon 
ferenzen würden in Paris stattfinden, die eine militärischer und die andere politischer Art. 
Die erste werde aus den Oberfeldherren der Alliierten bestehen und die verfügbaren Truppenstärken 
und das Kriegsmaterial feststellen. Sobald für die Sicherheit auf allen Fronten gesorgt sei, werde 
eine Konferenz einheitliche Pläne aufstellen und den Austausch von Truppen und Kriegsmaterial 
soviel wie möglich erleichtern. Sie werde den Grundsatz verwirklichen, daß ebenso, wie der Krieg 
einen einzigen Feldzug darstelle, auch eine einzige Front, eine einzige Armee und ein einziger Be 
stand an Waffen und Munition bestehen müsse. 
Die Vorbereitungen für den zukünftigen Wirtschaftskrieg 
24. September 1915. 
In den Tagen um den 20. September 1915 fand in Cernobbio am Comersee eine fran 
zösisch-italienische Konferenz statt, eine Veranstaltung der beiden seit drei Jahren eifrig 
für die politische und wirtschaftliche Annäherung der beiden lateinischen Nationen tätigen Komitees 
Frankreich-Italien und Italien-Frankreich in Paris und Rom. An der zwar nicht amtlichen aber von 
amtlicher Seite doch kräftig ermutigten Versammlung beteiligten sich u. a. die ehemaligen Minister 
präsidenten Barthou und Luzzati, die früheren Minister des Aeußeren Hanotaux und Pichon, der 
Bürgermeister von Lyon Herriot, Maggiorino Ferraris, der kurz vorher in der „Nuova Antologia" 
ein System wirtschaftlicher Verständigung zwischen den Entente-Mächten entworfen hatte, Ferrero und 
andere hervorragende Wirtschaftspolitiker. Der Zweck der Zusammenkunft war, einen Nachkrieg, 
einen Wirtschaftskrieg vorzubereiten „der für Deutschland die gefährlichste Entgegnung auf das 
wirtschaftliche Komplott sein wird, durch das es sich die Welt unterwerfen wollte" (Hanotaux). 
Zu dieser Vorbereitung gehöre die Aufklärung über die deutschen wirtschaftlichen Absichten. Graf 
Reventlow habe sie treffend in einem einzigen Satz ausgedrückt: „Es ist nötig, eine Chaussee von 
der Spree zum Bosporus zu bauen." Diese Chaussee muß durch ihre Nebenstraßen zu den vier 
Kardinalhäfen Konstantinopel, Triest, Antwerpen und Hamburg führen. Die Staatsmänner hätten 
diesen Krieg immer als einen Wirtschaftskrieg angesehen. Es handle sich darum, den Gegner mit 
den Waffen zu schlagen, die er geschmiedet hat. Das Mittel ist von der Konferenz in Cernobbio 
in einem „permanenten moralischen und wirtschaftlichen Bund zwischen den 
sechs verbündeten Nationen" gesehen worden. Der Krieg sorgt für die moralische An 
näherung. Ein sorgfältiges Studium der den verbündeten Nationen gemeinsamen Interessen muß 
den wirtschaftlichen Bund vorbereiten. Die Konferenz hat den Anfang gemacht, indem sie den 
italienischen und französischen Volkswirtschaftern Gelegenheit gab, ihre Gedanken auszusprechen und 
die zwischen Frankreich und Italien herrschenden besondern Schwierigkeiten auseinanderzusetzen. Es 
wurde ein Arbeitsplan entworfen, man sah gegenseitigen Sprachenunterricht, Austausch von Studenten 
vor. Hingegen beschloß man, auf wirtschaftlichem Gebiete keine bestimmten Beschlüsse zu fassen, 
bevor eine Verständigung mit London, Petrograd und Belgrad erzielt ist, was möglichst rasch in die 
Hand genommen werden soll. Man sprach übrigens von einer wirtschaftlichen Gemeinschaft nicht nur 
der jetzt gegen die Zentralmächte verbündeten Nationen, sondern von „allen denen, die das 
deutsche wirtschaftliche Joch zu fühlen bekamen und es wie wir abschütteln 
wollen." (Hanotaux.) Der „lateinische Block" sei nur ein Anfang! (Pichon.)
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.