Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

812 Frankreich während des dritten Kriegshalbjahres 
Aus den französischen Kolonien 
Nach den amtlichen Meldungen und ergänzenden Mitteilungen 
Vorbemerkung: Obwohl in dem Aufruf des französischen Präsidenten, der sämt 
liche französische Kolonien als im Kriegszustand mit Deutschland und Oesterreich-Ungarn 
befindlich erklärte (vgl. I, S. 156), auch Marokko als französische Kolonie be 
zeichnet wird, werden die Ereignisse in diesem Lande, das nach der Algeciras-Akte nicht 
dem französischen Protektorat sondern einem internationalen Regime untersteht, doch 
nicht hier, sondern in Band XI in besonderem Kapitel behandelt. 
Anfang September 1915. 
Da sich die eingeborene Bevölkerung Tunesiens, aufgerufen von Hodschas, die den Heiligen Krieg 
predigten, gegen die französische Herrschaft zu erheben versuchte, haben die französischen Behörden 
den Kriegszustand über Tunis erklärt. 
Ende Oktober. 
Nach Mitteilungen aus Paris wurde der größte Teil der Ernte in Algerien durch Brand 
stiftung vernichtet. Von Deutschland organisierte Rotten sollen die Brände gelegt haben. 
Dezember 1915. 
Konstantinopler Nachrichten aus Tunis bestätigen das Anwachsen der franzosenfeindlichen 
Bewegung. Es gelang, die Proklamierung des Dschihads in ganz Tunis bekannt zu machen. 
Ende Januar 1916. 
Nach dem „Temps" (25.1. 1916) haben die Militärbehörden dem Generalresidenten Alapette ver 
sichert, daß es im tunesischen Gebiet keinen einzigen Aufrührer mehr gebe. 
11. Februar 1916. 
Nach Mitteilungen des Kolonialministeriums ist auf Madagaskar eine Verschwörung gegen 
die europäischen Offiziere und Beamten, die, wie „Le Journal" schreibt, „ihre Propagandamittel 
von den dort wohnenden Deutschen erhielt," entdeckt und rechtzeitig unterdrückt worden. 
* * * 
Ueber die geldlichen, wirtschaftlichen und militärischen Leistungen der fran 
zösischen Kolonien für den Krieg im Mutterlande hat der frühere Ministerpräsident, jetzige 
Kolonialminister Gaston Doumergue im „Journal" (21. VIII. 1915) eine Uebersicht gegeben. Darnach 
haben Einzelpersonen und Verbände, meist Gemeinden, in den 14 Kolonien 6 Millionen Franken an 
Kriegsbeihilfe für Kriegsbeschädigte aufgebracht, das meiste (3 032401,33 Franken) Jndochina. Wertvoll 
waren die Geschenke an Naturalien, vor allem Zigarren und Tabak. Die Kolonien, die für ihren mili 
tärischen Schutz jährlich an die Staatskasse Abgaben zahlten, haben diese Zahlungen beibehalten, auch 
nachdem die Besatzungen größtenteils nach Frankreich abgezogen sind. An im Lande geschürften Gold hat 
Guayana 2300 Kilogramm nach Frankreich geliefert; der Wert des aus Guinea und Madagaskar an 
gebrachten Goldes übersteigt eine Million Franken. (Ein Kilogramm Gold gilt 2660 Mark.) Viele 
koloniale Kassen haben ihre Barbestände nach Frankreich abgeführt; Algier hat Frankreich außer den 
bereits gewährten Vorschüssen von 100 Millionen Franken am 6. September 1915 weitere 100 Mil 
lionen zur Verfügung gestellt. Wirtschaftlich versorgte Jndochina Frankreich mit Reis. Die 
Antillen und Reunion lieferten Zucker. Madagaskar schickt Fleisch, während die Ueberführung lebender 
Rinder unmöglich war. Auch Westafrika und Kambodscha lieferten Fleisch. Die mil itärsch e Beihilfe 
war vierfacher Art: 1. Lieferung von Waffen, Munition und Gerät; 2. Sendung europäischer und 
3. Aushebung einheimischer Truppen; 4. Lieferung von Arbeitern (Kulis). Die alten Kolonien 
(die Antillen, Reunion, Guayana und Indien) haben eigene Truppenkörper aufgestellt. Ueber die 
Entnahme von Truppen aus Westafrika vgl. S. 306. 
Andererseits haben die Rückwirkungen des europäischen Krieges und Folgeerscheinungen der fran 
zösischen Gesetzgebung wie z. B. des Gesetzes gegen den Absinth-Verkauf den französischen Kolonien 
schwere wirtschaftliche Schäden zugefügt. So sah sich die Kammer genötigt, einen Antrag des 
Kolonialministers anzunehmen, nach dem, wie die „vexeoüe coloniale“ (17. IX. 1915) berichtet, das 
Generalgouvernement von Westafrika ermächtigt wurde, bei unzulänglichen Einnahmen der General 
etats, der Anleihe von 167 Millionen bis zu 5,5 Millionen Franken zu entnehmen, von denen
	        
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