Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

308 Frankreich während des dritten Kriegshalbjahres 
englische Anleihe von 2,5 Milliarden Franken, die am 7. Oktober 1915 von Kammer 
und Senat genehmigt worden war, ebenso wie der bei New Jorker Bankiers nachgesuchte 
besondere Exportkredit von 200 Millionen Dollars, zur Bezahlung der in Amerika ge 
machten Käufe und zur Verbesserung des Wechselkurses dienten, sah sich Ribot genötigt, 
die bereits in der Senatssitzung vom 5. August 1915 (vgl. VII, S. 282) und dann im 
September auch in der Kammer angekündigte Anleihe-Vorlage endlich nach langem Zögern 
am 11. November 1915 einzubringen. Diese innere, unbegrenzte und steuerfreie Kriegs 
anleihe zu 5 Prozent, unkündbar bis 31. Januar 1931, sollte dazu dienen, die kurz 
fristigen Vorschüsse, die durch die Bons und die Obligationen der nationalen Verteidi 
gung gebildet wurden, zu konsolidieren und den Schwierigkeiten zu begegnen, die durch 
die Vergrößerung der laufenden Schulden durch die Ausgabe neuer kurzfristiger Bons 
entstehen könnten. Sie wurde am 13. und 16. November von Kammer und Senat ein 
stimmig angenommen, worauf die Regierung die Bedingungen der Emission bekannt gab. 
Der Kurs wurde auf 88 Franken angesetzt. Die öffentlichen Zeichnungen begannen 
am 25. November 1915, sollten bis zum 15. Dezember abgeschlossen sein und konnten 
gedeckt werden mit Obligationen und Bons der Landesverteidigung, mit 2Vsprozentigen 
und unter gewissen Bedingungen 3prozentigen Rententiteln, sowie mit Einlagen an die 
Sparkassen. Der Zinsfuß der Titel begann bereits am 16. November 1915. 
Die verlockende Verzinsung und die so vorteilhaften Bedingungen sicherten den Erfolg, 
der mit allen Mitteln der Reklame und Propaganda noch zu vergrößern versucht wurde; 
annähernd 50 Millionen sollen für Zeitungsreklamen ausgegeben worden sein, wie 
Gustave Tery im „Oeuvre" behauptete. 12 Milliarden wurden den Pariser Großbanken 
zahlbar bis 30. April 1916 zum Uebernahmekurs von 86 Prozent, also mit einem 
Bankgewinn von nicht weniger als 36 Millionen, überlassen, und mit der britischen 
Regierung wurde ein Abkommen getroffen, um einen Teil der französischen Anleihe in 
England auszugeben. Trotzdem, und obwohl auch noch der Zeichnungstermin über den 
15. Dezember hinaus verlängert wurde, war das Ergebnis der „Siegesanleihe" doch 
nicht allzu glänzend. Wie der Finanzminister Ribot am 24. Dezember 1915 im Senat 
mitteilte, haben drei Millionen Zeichner (zwei in der Provinz, eine Million in Paris) 
14,5 Milliarden gezeichnet, darunter 5,5 Milliarden in barem Gelde und 2,5 Milliarden 
in Schatzscheinen; es entfallen somit nicht weniger als 6,5 Milliarden Franken auf den 
Umtausch von französischer Rente und „Obligations de la Defense Nationale“. In 
England haben 22 000 Zeichner 600 Millionen beigesteuert. Da die Anleihe aber zu 
einem Zeichnungskurs von 88 Prozent ausgebracht wurde, der sich in Wirklichkeit bei 
Anrechnung aller der kleinen Vergünstigungen, die den Zeichnern gewährt wurden, auf 
etwas weniger als 87 Prozent stellt, so bedeuteten die 14V- Milliarden Franken nominell 
in Wirklichkeit nur etwa 12 600 Millionen Franken effektiv. 
Neues Geld stellen nur die 5Vs Milliarden Franken Barzeichnungen dar, die zum Kurs 
von 87 Prozent einen wirklichen Barerlös von nur 4785 Millionen Franken — 3876 Mil 
lionen Mark ausmachen. Das Barergebnis der nach 16*/z Kriegsmonaten mit so großem 
Aufwand und Getöse an den Markt gebrachten französischen „Siegesanleihe" bleibt also 
nicht unerheblich hinter dem Ertrag der im zweiten Kriegsmonat aufgelegten ersten 
deutschen Kriegsanleihe zurück und beträgt noch nicht einmal Vs des Erträgnisses der 
bisher in Deutschland auf dem Anleiheweg für den Krieg aufgebrachten Mittel. 
Der Erfolg der Anleihe war, wie der „Neuen Zürcher Zeitung" (10.1. 16) 
aus Paris geschrieben wurde, relativ für französische Verhältnisse ein zufriedenstellender, 
wenn auch der Hauptzweck, die Konsolidierung des großen ausstehenden Betrages an 
kurzfristigen Bons der Nationalverteidigung, als vollkommen mißlungen betrachtet 
werden muß. Es standen Anfang Januar 1916 noch 7200 Millionen solcher Bons im
	        
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