Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

168 Die Ereignisse an der Ostfront nach der Wiedereroberung von Przemysl 
von anderen Truppen verstärkt, der ersten russischen Vorstellung und grub sich vor dem 
ersten Drahthindernis ein. Inzwischen durchbrach Artilleriefeuer die Stufen der ersten 
Verteidigungslinie, worauf die Infanterie aus die zweite Vorstellung losging. So ging 
es trotz heftigster Gegenwehr bis zur letzten Vorstellung der Russen, die mit Unter 
stützung von Artillerie nach zehnstündigem heißen Kampfe im Sturm erobert wurde. 
Damit waren die gut ausgearbeiteten Vorstellungen Jwangorods in emer Breite von 
mehr als zehn Kilometern durchbrochen." „Die Wegnahme der acht russischen Stützpunkte 
im Festungsvorraum von Jwangorod bedeutete nicht bloß einen wichtigen Fortschritt für 
die Operationen im dortigen Abschnitt, sie ist zugleich ein überaus glanzvolles kriegerisches 
Beispiel," schreibt die „Kölnische Zeitung". „Sie wurde durch die sicherste artilleristische 
Vorbereitung, die durch eine ganze Reihe von Volltreffern von 30,5 om-Mörsern gegeben 
werden konnte, vorbereitet. Die acht russischen Etagen — schon am Dunajec traf man 
ähnliches — waren so gebaut, daß die in ihren Gräben liegende Infanterie nicht nur 
den bequemsten Ausschuß hatte, sondern aus allen Etagen auf die Angreifer feuern konnte. 
Die Siebenbürger, die dort stürmten, mußten also, indem sie sich gegen die erste Graben 
reihe wandten, ein achtfaches Feuer überwinden. Daß sie gleichwohl nur 241 Mann Ver 
lust hatten, darunter 200 Leichtverwundete, ist ein Beweis für die hervorragende Führung." 
General v. Woyrsch erkannte die Tapferkeit der Rumänen in einem Tagesbefehl 
an, in dem es heißt: „Sie gingen im Labyrinth der Drahthindernisse im größten Feuer 
ruhig und selbstbewußt vor, und gaben vor der ganzen Welt einen Beweis ihres Helden 
mutes und ihrer Vaterlandsliebe." 
Da die Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand, der linke Flügel der Heeresgruppe 
v. Mackensen, gleichfalls am 2. August 1915 Nowo-Alexandria, nur 15 Kilometer südlich 
Jwangorod, erreicht hatte und den noch in Jwangorod versammelten russischen Truppen 
dadurch, wie von Norden durch die Armeeabteilung Woyrsch, so jetzt auch von Süden, 
der Rückzug abgeschnitten zu werden drohte, entschloß sich die russische Heeresleitung, die 
Festung, die nach der Erstürmung der letzten Vorstellung zu längerem Widerstand nicht 
geeignet war, ohne weiteren Kampf zu räumen. Am 4. August 1915 konnten die Truppen 
des Generals v. Köveß die Forts des linken Weichselufers, am 5. August auch die Kern 
festung und die Werke der rechten Stromseite besetzen. 
Durch die Einnahme von Jwangorod waren die Verbündeten nicht nur in den Besitz 
eines wichtigen Weichselübergangs gekommen — die nächsten Weichselbrücken in Warschau 
und Krakau sind 100 Kilometer stromaufwärts und 200 Kilometer stromabwärts ent 
fernt — sondern hatten nun auch einen Eisenbahnknotenpunkt in der Hand, in dem 
sich die Bahnlinien von Lublin, Brest-Litowsk und Warschau vereinigten. Die Festung 
selbst, eine reine Militärfestung mit nur militärischen Zwecken dienenden Bauten inner 
halb des Rayons und wenigen unbedeutenden Ortschaften innerhalb des Gürtels, hatte, 
wie Walter Oertel im „Neuen Wiener Tagblatt" berichtete, eine starke ständige Garnison. 
Außer den Fortskasernen der Zitadelle im Stil eines alten Kernwerks aus Ziegelbauten 
und Erde waren die Forts sowohl der äußeren wie der inneren Linie veraltet, etwa 
wie jene des Forts Ayvelles in Frankreich oder der Festung Givet. Auffällig ist die 
Höhe der Erdanschüttungen. Die Geschütze standen in offenen Batterien ohne Panzer 
und ohne Betondeckung. Die Werke besitzen sehr mangelhafte und wenig zahlreiche 
Flankierungsanlagen und schlechten Kehlschutz. Die Befestigungen stammen aus den 
fünfziger Jahren; das Fort Gortschakow, in dem ich selbst war, zeigt die Jahresbau 
ziffer 1856. Es war keinesfalls imstande, einer Beschießung mit schwerer Artillerie zu 
widerstehen. Im Gegensatz zur Gewohnheit der Verbündeten, kleine, unauffällige und 
dabei sehr starke Werke zu bauen, sind hier große Fortsanlagen geschaffen worden, die 
starke Besatzungen an Artillerie und Infanterie erforderten ....
	        
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