Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

266 Belgien während des dritten Kriegshalbjahres 
Zur Verzinsung und Tilgung der 3739 Millionen konsolidierten und 352 Millionen 
schwebenden Schuld des belgischen Staates sowie für Zinsgarantien, Pensionen u. a. 
waren vor dem Kriege jährlich gegen 200 Millionen nötig. Die belgischen Provinzial 
verwaltungen, deren Schulden sich aus 38,5 Millionen bezifferten, erforderten zwei 
Millionen für Verzinsung und Tilgung. Diese Beträge werden sich durch die neuen Kriegs 
schulden der Regierung in Havre (vgl. S. 258) und durch weitere Neuausnahmen zur 
Vergütung von Kriegsschäden, Wiederaufbau u. a. m-, sowie durch die Kriegskontri 
butionen (vgl. unten und III, S. 234) beträchtlich erhöhen; doch sind zur Aufbrin 
gung der Deckungsmittel vorerst keine Schritte unternommen worden. „So steht das 
ganze öffentliche Finanzwesen in einer Periode des Zuwartens," schließt der bereits 
zitierte Bericht der „Frankfurter Zeitung" (11. XI. 15). „Die einzige Operation größeren 
Stiles ist die Ausschreibung einer Anleihe des Crädit Communal von 30 Mill. 
Franken für die Deckung von Ausgaben der Provinzen und Gemeinden, die aus den 
dringlichen Arbeiten entstanden sind. Die Ausschreibung geschah zum Kurse von 
98 Prozent bei einer Verzinsung von 4*/ 2 Prozent, woraus hervorgeht, daß in Belgien 
trotz des Krieges Geld verhältnismäßig billig zu haben ist." 
Dieser günstige Geldstand, eine Folge aufgehäufter Zinsen, die keine Anlagemöglichkeit 
finden, hat auch den Finanzierungsplan der neuen Kriegskontribution beeinflußt. Die 
Abmachung über die erste Kriegskontribution im Betrage von 480 Millionen Franken, 
zahlbar in zwölf Raten zu 40 Millionen (vgl. III, S. 234) war im Dezember 1915 
abgelaufen. Auf Grund des Artikels 49 des Haager Abkommens hat der deutsche General 
gouverneur daraus am 13. November 1915 der belgischen Bevölkerung bis auf weiteres 
zu den Kosten der Bedürfnisse des Heeres und der Verwaltung des besetzten Gebietes 
eine Kriegskrontribution in Höhe von monatlich 40 Millionen auferlegt. Der deutschen 
Verwaltung bleibt das Recht vorbehalten, die Auszahlung der monatlichen Raten ganz 
oder teilweise in deutschem Geld zum Umrechnungskurse von 80 Mark für 100 Franken 
einzufordern. Die Verpflichtung zur Zahlung liegt den neun Provinzen Belgiens ob, 
die für die geschuldeten Beträge als Gesamtschuldner haften. 
War die erste Kontribution durch Noten aufgebracht worden, die von der Loolöts 
6lällsrals auf Grund eines von der deutschen Verwaltung erteilten Privilegs ausgegeben 
worden waren (vgl. III, S. 234, 235) und durch Ansammlung von Marktbeständen 
und Auslandsforderungen bis zu einem Drittel gedeckt wurden, ist jetzt, nachdem die 
Provinzialräte in ihren Sitzungen vom 30. November und 4. Dezember 1915 die neue 
Kontribution anerkannt hatten, unter Führung der 8ooi«ts 6susra1s, ein Bankkonsortium 
von 75 heimischen Banken und größeren Privatfirmen gebildet worden, das die Aus 
zahlung der fälligen Monatsraten von 40 Millionen Mark übernommen hat. 
Dagegen wurden zunächst für ein Jahr 480 Millionen Franken Schatzscheine mit 
zweijähriger Laufzeit und 5 Prozent Zinsen ausgegeben. Wie der Berichterstatter der 
„Frankfurter Zeitung" (21. XII. 15) meldete, „hat sich die Nationalbank, die ihr bei Beginn 
des Krieges nach London überführtes deutsches Wechselportefeuille (vgl. III, S. 234) zurück 
erhielt und die Wechsel Mitte Januar 1916 durch ihre Korrespondenten mit Genehmigung 
des Reichsamts des Innern in Deutschland zur Zahlung präsentierte, zur Erleichte 
rung der ganzen Operation verpflichtet, Promessen der Banken zu 4 Prozent zu dis 
kontieren und dabei die Schatzscheine mit 80 Prozent ihres Wertes als Garantie anzu 
nehmen. Um sich ihrerseits die dazu nötigen Barmittel zu verschaffen, hat sich die 
Nationalbank, der das Notenprivileg entzogen ist, mit der Notenabteilung der Kooists 
Generale dahin geeinigt, daß sie die Promessen zu den gleichen Bedingungen rediskon 
tieren kann. Sollte die Soolöts Generale also noch weitere Noten ausgeben, so geschieht 
das unter anderen Voraussetzungen als bisher, wo ein direkter Zusammenhang zwischen
	        
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