Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Von der deutschen Verwaltung in Belgien 263 
indem sie dem Feinde Nachrichten über die militärische Lage und die militärischen Vor 
gänge in der Stadt zukommen läßt, namentlich über die militärische Besetzung der Luft 
ballonhallen, wodurch sie Anschläge aus die Sicherheit unserer Garnison ermöglicht hat. 
Es ist bedauerlich, daß selbst städtische Beamte sich nicht geschämt haben, an diesen feind 
lichen Handlungen teilzunehmen und dabei als Agenten der Spionage und als Auf 
bewahrer von Explosivstoffen tätige Beihilfe zu leisten. Ueberdies hat die Brüsseler 
Bevölkerung trotz der Ermahnungen und Drohungen des Generalgouvernements mit 
schweren Strafen große Mengen von Waffen verborgen gehalten und damit ihre Absicht 
kundgegeben, sich für eine Erhebung gerüstet zu halten. Desgleichen tritt angesichts der 
Wohnungsfrage die Feindseligkeit der Einwohner offen zutage. Die deutschen Offiziere 
und Verwaltungsbeamten finden bei der Miete von Prioatwohnungen die ärgsten 
Schwierigkeiten aller Art, da Hausbesitzer und Hauptmieter ihnen keine Wohnung ver 
mieten wollen; die wenigen Vermieter aber, die sich dazu entschlossen haben, um dadurch 
ein billiges Einkommen zu gewinnen, sind dafür von ihren Mitbürgern fortwährend 
belästigt, bedroht und gekränkt worden. Infolgedessen ist die Wohnungsfrage für die 
deutschen Beamten und Offiziere in Brüssel eine arge Verlegenheit geworden." 
Auch gegen den Batonnier der Brüsseler Anwaltskammer, Herrn Theodor, der einem 
Advokaten verboten hatte, sich bei der Verteidigung seiner Klienten auf die Mietverord 
nung des deutschen Generalgouverneurs vom 10. XI. 1914 zu beziehen, sah sich der 
Generalgouverneur veranlaßt, einzuschreiten. Er ließ Herrn Theodor nach Deutschland 
verbringen, wo er bis zur Beendigung des Krieges verbleibt. 
Aus die Einhaltung der bestehenden Gesetze ist von der deutschen Regierung streng 
geachtet worden. So ließ der Generalgouverneur auf eine Eingabe der Ortsgruppe Lisa 
(bei Antwerpen) des Allgemeinen Niederländischen Verbandes, in der um sorgfältigere 
Beachtung des Sprachenrechts der Flamen gebeten wurde, ausdrücklich erklären, er sei 
bereit, den zum Schutze der flämischen Sprache erlassenen belgischen Gesetzen soweit 
das immer unter den Kriegsumständen möglich sei, zur Geltung zu verhelfen, im Sinne 
der Haager Bestimmungen. Die Antwort schloß: »Ihrem Wunsche, daß aus dieser Welt- 
krisis, die gerade auch das Flamenland so schwer getroffen hat, ein wiedergeborenes 
Flandern hervorgehen möge, kann der Herr Generalgouverneur von Herzen beipflichten." 
Die Durchführung des von der belgischen Regierung den Kammern kurz vor dem 
Kriege vorgelegten Gesetzentwurfes über die allgemeine Schulpflicht und den 
Schulzwang ist bereits erwähnt worden (VII, S. 261); die Umwandlung der bis 
herigen französischen Staatsuniversität Gent in eine flämische, die 
gleichfalls schon vor dem Kriege von den belgischen Kammern beraten worden war, ist 
insofern der Verwirklichung näher gebracht worden, als auf Anordnung des General 
gouverneurs diejenigen Beträge in den Etat des Jahres 1916 eingestellt wurden, die zu 
nächst erforderlich sind, um die Umwandlung der Universität Gent in die Wege zu leiten. 
Außerdem sind auch die für die Neugestaltung des Unterrichts notwendigen organisa 
torischen Maßnahmen von sachkundiger Seite in Angriff genommen worden. 
Das Entgegenkommen der deutschen Regierungsgewalt gegenüber den Flamen hat 
auch die Aufmerksamkeit der belgischen Regierungskreise in Le Havre erregt, die sich 
beeilten zu erklären, daß nach ihrer Auffassung der deutsche Generalgouverneur mit 
seinen Anordnungen zur Neugestaltung der Universität Gent, die Befugnisse, welche die 
Haager Konvention dem Okkupanten einräume, überschreite. Dann wird ausgeführt, 
daß sich der Eroberer irre, wenn er meine, er könne damit das flämische Volk für sich 
gewinnen. »Jeder deutsche Versuch, Belgien in zwei Lager zu spalten, muß scheitern, 
und Deutschland muß sich darauf gefaßt machen, in allen Belgiern, gleichgültig ob 
Flamen oder Wallonen, Feinde zu finden, die erst die Zeit wieder mit dem deutschen
	        
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