Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Vom deutschen Heer an der Westfront 
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haben sich in den strengen Kältetagen als sehr vorteilhaft erwiesen. Knie-, Ohren- und 
Pulswärmer hat man schätzen gelernt, auch Schneehauben fehlten wohl keinem Sol 
daten. Im Gegenteil, mancher von ihnen war mit Wollzeug allzu reichlich versehen und 
konnte den Kameraden, denen es an dem und jenem fehlte, aushelfen. Beim Eintritt 
der kalten Witterung hat in diesem Winter jeder Mann von der Militärverwaltung 
zwei warme Decken erhalten, zu denen sich in den meisten Fällen eine eigene Decke, häufig 
eine Liebesgabe, gesellte. 
Für die Versorgung der Truppen mit warmen Kleidern, Wintervorräten usw. konnte 
rechtzeitiger und rascher als 1914 gesorgt werden, da ja die Transportmittel seitdem 
viel umfangreicher geworden sind. Was 1914 zumeist noch mit Kraftwagen an die 
Front gebracht werden mußte, ging 1915 mit Güterzügen hin, die sich manchmal schon 
eines Schnellzugtempos rühmen konnten. Bereits im September 1915 hatten die einzelnen 
Korpsintendanturen mit der Lieferung der meisten, für den Winter notwendigen Gegen 
stände begonnen. Für ein Korps in Flandern, bei dem ich mich damals aufhielt, wurden 
Tausende von kleinen und großen Oefen mit vielen Tausenden von Ofenrohren und 
Ofenknien, Feuerhaken, Depotbettstellen, Kopfpolster, zahlreiche Pritschen und einfache 
Betten, für jeden Mann ein Strohsack und zwei wollene Decken bestellt. Für die Unter 
kunftsräume der Mannschaften war ebenso gut gesorgt wie für die der Offiziere. Man 
hatte in sechszchn Kriegsmonaten viel gelernt! 
Im Bau von Unterständen und Baracken hat man es zu einem hohen Grade 
von Vollkommenheit gebracht. Die Unterstände sind wohnlich und nett eingerichtet, oft 
mit Strohdecken auf dem Fußboden und mit Holzverschalungen an den Wänden ver 
sehen. Wenn man im vorigen Herbst einen Ofen brauchte, holte man ein paar Eisen 
stücke von einem Gitter; aus diesem und Ziegeln wurden dann Oefen errichtet. Der 
Rauch mußte durch ein Erdloch hinausziehen. Jetzt nimmt ein regelrechter Ofen die 
Stelle dieser unzulänglichen Luftheizung ein. Die Räume sind trocken und licht; wo 
das Tageslicht zuzuführen unmöglich ist, hat man für gute, künstliche Beleuchtung ge 
sorgt. In vielen Gräben befindet sich in nächster Nähe des Feindes elektrische Beleuch 
tung; wo diese nicht einzurichten war, versorgte man sich mit Lampen oder Laternen. 
Durch sanitäre Einrichtungen, die geschaffen wurden, ist so gut wie ausge 
schlossen, daß irgend welche typhöse Erkrankungen unter den oft im engen Raum und 
in größerer Anzahl zusammenwohnenden Truppen entstehen könnten. Reinlichkeit ist 
auch in diesem Kriege Gesundheit. Ein Korps, das für seine Leute als erste Rate 
15500 blecherne Waschbecken, 15000 Waschlappen, 22 000 Handtücher, 5700 Wasserkrüge, 
4300 Wassereimer, 2300 Besen, 700 Fußbodeneimer anfordert, hält etwas auf sich. Aber 
auch das Pferdematerial, mit dem das deutsche Heer in den zweiten Winter geht, 
ist erprobt. Im Burenkriege sprach man von den Pferden, die alles durchgehalten 
hatten, als von „gesalzenen Pferden". Ueber gesalzene Pferde verfügen auch wir in 
diesem Kriege. Die große Beute an kleinen russischen Pferden, denen Winter und 
Kälte ebenso wenig anhaben als Strapazen, war für den Winterfeldzug nicht nur im 
Osten und in Serbien, sondern auch im Westen sehr willkommen." 
Die deutsche Kriegsweihnacht 1915 im Westen 
Das Weihnachtssest 1915 ist überall im Westen, auch unter erschwerenden Umständen, 
in trauter Weise gefeiert worden, trotzdem gerade in diesen Tagen an der ganzen Front 
erhöhte Bereitschaft herrschte; denn man argwöhnte, daß der Feind in der Voraussetzung, 
ein Fest werde bei den deutschen Truppen verminderte Aufmerksamkeit oder gar 
Trunkenheit bewirken, einen Ueberfall am Heiligen Abend ins Werk setzen könnte. 
„Ueberall," schreibt Hermann Katsch in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung"
	        
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