Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Vom Lustkampf beiderseits der Westfront 201 
Tunnel der Untergrundbahn vor weiteren Projektilen Schutz zu finden meinten. Durch 
fie erfuhren wir erst von dem Alarm. Ich muß aber sagen, daß die Panik nur kurze 
Zeit währte. Bald hatten die Leute ihre Kaltblütigkeit wiedergewonnen und das erste 
Entsetzen wich bald der Neugierde, diesem stärksten Element der Pariser Volksseele: Alle 
Leute stürmten jetzt nach oben, nicht mehr um zu fliehen, sondern um zu sehen." 
Auf dem Boulevard oben kamen inzwischen von allen Seiten Ambulanzwagen herbei. 
Feuerwehrleute durchsuchten bei Fackelschein die ausgeworfenen Erdhaufen. Wie durch 
ein Wunder waren in dieser Gegend keine Opfer an Menschenleben zu beklagen, doch 
war erheblicher Sachschaden angerichtet worden. Ungezählte Fensterscheiben der benach 
barten Mietshäuser lagen in Scherben. Ein Baum lag buchstäblich in zwei Teile ge 
spalten aus dem Dach eines Cafes ... Und das war alles. 
Schlimmer stand es leider an anderen Punkten. Kaum eine halbe Minute nach dem 
Fall der ersten Bombe erschütterte eine zweite Detonation die Luft und fast im selben 
Augenblick schon eine dritte. Die beiden Bomben fielen nicht sehr weit von der ersten 
in eine kleine, enge, ansteigende Straße. Die Bombe hat das Dach ves Hauses durch 
schlagen und explodiert mitten in dem kleinen Eßzimmer, Tod und Verderben verbreitend. 
In den übrigen Wohnungen des Hauses noch fünf mehr oder minder schwer Verletzte. 
Ambulanzwagen und Autos der Feuerwehr rasen durch die Straßen dieses dicht 
bevölkerten Stadtviertels. Dort drängt sich die von der Angst auf die Straße ge 
triebene Menge. Die Leichen wurden in einem benachbarten Schuppen sorglich gebettet 
und mit weißen Laken zugedeckt. 
Aber die Reihe der Opfer ist noch nicht beendet. Das Schreckliche war noch nicht 
vorüber, als neuerliche Detonationen in einer kleinen benachbarten Straße hörbar 
wurden. Diesmal schlug die Bombe in einen kleinen, zwischen mehreren drei- bis fünf 
stöckigen Mietshäusern gelegenen Hof ein. In einem der Häuser gab es fünf, meist 
schwer Verletzte und vier weitere Opfer in einem benachbarten fünfstöckigen Hause. 
Sobald die Lustschiffer sich aber von unseren Fliegern verfolgt sahen, hatten sie nur 
noch einen Gedanken: Umkehren — so schnell wie möglich entfliehen. 
In ihrem Eifer entledigten sie sich daher Schlag auf Schlag ihrer ganzen Fracht von 
Explosivstoffen, die sie herabschleuderten, obgleich sie wußten, daß sie nur wehrlose Bürger, 
Frauen, Greise und Kinder treffen konnten. Nun entlud sich innerhalb weniger Minuten 
ein wahrer Orkan von Feuer, Eisen und Rauch über einem Gebiet von 500 bis 600 
Metern des umgebenden Stadtviertels. Die Detonationen folgten einander in so kurzen 
Abständen, daß es von den Boulevards bis zu den Befestigungen hinaus wie das Grollen 
eines fürchterlichen Gewitters klang. Fast gleichzeitig explodieren zehn Bomben. 
Manche der furchtbaren Mordwerkzeuge fallen aus die Straße und platzen dort, ohne 
anderen als Materialschaden anzurichten. In einer der Straßen trifft eine Bombe einen 
Haufen Pflastersteine, die buchstäblich zu Staub zermalmt werden. Tiefe Löcher werden 
in die Straßen gerissen, entwurzelte Bäume recken ihre nackten Aeste über den Boden hin. 
In einer anderen Straße hat eine Bombe die hohe, dicke Mauer, die ein ausgedehntes 
Grundstück umgibt, in einer Länge von 20 Metern völlig zerstört. Unweit davon 
haben die Bomben entsetzlichen Schaden angerichtet. In einer kleinen, dichtbevölkerten 
Straße platzten zwei Bomben, kaum 20 Meter voneinander entfernt. Während aber 
die eine nur die einen Grundbesitz umgebende Mauer zerstörte und ein tiefes Loch in 
den Erdboden schlug, zerschmetterte die zweite ein kleines Mietshaus vollkommen. 
Und das Todeswerk geht weiter. 
Etwa vierhundert Meter von hier entladen sich drei Bomben aus einer breiten, an 
steigenden Straße, während die Scheinwerfer vergeblich den Himmel absuchen, und die 
kleinen Lichter der Flugzeuge nach allen Himmelsrichtungen sich kreuzen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.