Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Kämpfe an der Westfront nach der franz.-engl. Herbstoffensive bis zur Verdun-Schlacht 177 
Dort wo einst Ordnung, gebaute Wege, frisches Grün, herrliche Anlagen und reiche 
Vegetation sich befanden, öffneten sich jetzt Trichter von bedeutender Größe; ich sah 
solche von 15 Meter Durchmesser und 6 Meter Tiefe, die heute kleine Tümpel bilden, 
über, neben oder in denen wahllös übereinander die geknickten, gebrochenen, wie vom 
Blitz getroffenen Baumstämme liegen!... 
In diesem Vernichtungsfeuer mußte das Jägerbataillon mit den ihm unterstellten 
Truppenteilen fünf Stunden von 10 Uhr vormittags bis 3 Uhr nachmittags unentwegt 
standhalten, und selbst als die deutsche Artillerie zur Ablenkung ihr Feuer als Sperr 
feuer hinter die feindlichen Linien verlegte bzw. verstärkte, war es dennoch nicht mehr 
möglich, den Sturm des Gegners im Keim zu ersticken oder auch nur auszuhalten. 
Um 3 Uhr 10 Minuten nachmittags schwieg endlich das französische Artillerieseuer und 
wurde auf die rückwärtigen deutschen Verbindungen, aus das Anmarschgelände verlegt, 
während gleichzeitig nach kurzem aber lebhaftem Gewehr- und Maschinengewehrfeuer an 
mehreren Stellen im Abschnitt Jägertanne, am Aussichtsfelsen und südlich desselben je 
drei französische Kompanien zum Sturm ansetzen (vgl. Karte S. 175). 
Die nach dem schrecklichen Trommelfeuer nur noch schwache Besetzung der deutschen 
Stellung leistete, soweit sie noch volle Bewegungsfreiheit hatte und ihre nicht ganz ver 
schütteten Unterstände verlassen konnte, den Angreifern nach Kräften heftigen Widerstand, 
konnte aber infolge ihrer geringen Stärke nicht verhindern, daß sie an mehreren Stellen 
die vordersten deutschen Linien durchbrachen. Die kleine deutsche Heldenschar mußte 
der Uebermacht weichen und sich auf die Sturmstellung vom April 1915, die zweite deutsche 
Stellung, am Abhang des Berges zurückziehen. 
Trotz des flankierenden deutschen Gewehr- und Maschinengewehrfeuers drangen die 
geschlossenen französischen Angriffskolonnen — ohne das wirksame deutsche Feuer zu be 
antworten oder zu beachten — in mehreren Wellen vor, stürmten den Abhang hinunter 
und überrannten unter schweren Verlusten auch die zweite deutsche Stellung. 
Unterdessen entstanden an verschiedenen Punkten der durchbrochenen Stellung erbitterte 
Teilkämpfe und Handgemenge, in denen die braven Jäger, wenn auch umzingelt, sich 
dennoch heldenmütig oft aus den Unterständen heraus solange verteidigten, bis auch ihr 
Feuer verstummte. 
So versuchte ein Leutnant am Bischosshut durch energisches Maschinengewehrfeuer 
eine halbe Stunde lang den Feind zum Stehen zu bringen, aber umsonst. Als er 
erkannte, daß er in seinem Stützpunkt vom Gegner umgangen sich nicht mehr lange 
werde halten können, zog er sich zurück. Es gelang ihm mit weiteren kleinen Mann 
schaftsgruppen — die beim feindlichen Vorstoß aus weniger beschädigten Unterständen 
und Erdlöchern gesammelt worden waren oder sich selbständig zusammengefunden hatten 
—. die sogenannte Bastion zu erreichen. Aber auch hier war es nur S U Stunden mög 
lich Widerstand zu leisten. Denn trotz der erheblichsten Verluste durch das deutsche Ma 
schinengewehrfeuer drang der Gegner immer weiter vor und zwang auch die tapfere 
Besatzung der Bastion sich abermals zurückzuziehen. Wenn auch leicht verwundet, er 
reichte der führende Offizier mit dem kleinen Häufchen, zu dem sich noch die mit Pistolen 
bewaffnete Bedienungsmannschaften der verschütteten oder zerstörten Maschinengewehre 
gesellten, die zweite deutsche Stellung, in der er sich dann mit seinen Leuten (zusammen 
etwa 115) in breiter Front festsetzte. Bald jedoch mußten infolge der Gefahr einer 
feindlichen Umgehung die Flügel zurückgenommen werden; wie ein zusammengerollter 
Igel verteidigte sich die kleine Abteilung, der auch noch die Munition auszugehen begann, 
gleichzeitig nach allen Seiten. 
Jetzt endlich kam der Gegner zum Stehen! Es war 6 Uhr abends geworden und noch 
immer hatte die in Aussicht gestellte Unterstützung infolge der großen Entfernung und 
Völkerkrieg. X. 12
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.