Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Kämpfe an der Westfront nach der franz.-engl. Herbstoffensive bis zur Verdun-Schlacht 169 
Während der Nacht vernimmt man zumeist nur das Gewehrfeuer der Patrouillen, 
Artillerie- und Minenfeuer läßt sich seltener vernehmen. Wo gehobelt wird, fallen natür 
lich auch Späne, und so haben wir denn manchen lieben Kameraden in diesen Wald 
kämpfen schon verloren und ihm auf dem stillen Kriegersriedhof in einer engen Tal 
schlucht die letzte Ruhestätte bereitet. ... Was aber der Feind auch unternommen hat, 
fest sind unsere Stellungen, fest ist der Wall, den wir um unser geliebtes Vaterland 
gezogen haben, und vergeblich der Ansturm dagegen." 
Der Winter 1915/1916 zwischen Maas und Mosel 
Von Eugen Kalkschmidt 
Das Kampfgebiet zwischen Maas und Mosel ist seit November 1915 ruhig. Natür 
lich wird trotz dieser Ruhe gekämpft: an der Combreshöhe springen nach wie vor die 
Minen, kleinere Feuerüberfälle kommen alle Tage vor, im Priesterwalde, bei Pont ä Mous- 
son, in den Gehölzen bei Apremont und Ailly, im Ritterwalde werden die üblichen 
Grüße mit Handgranaten und Wurfminen ausgetauscht. Sieht man den Gegner gar 
zu eifrig seine Stellung instandsetzen, so wird hineingefunkt, das versteht sich ohne 
weiteres. Für die Franzosen versteht es sich scheints nicht ganz so, denn als sie neulich 
überraschend Feuer bekamen und schnell in ihre Mauslöcher krochen, schrien sie sehr 
entrüstet und zwar aus deutsch zu unseren Gräben herüber: „Ihr A warum 
schießt ihr denn?!" 
Denn dies ist das Merkmal des gesamten Stellungskampfes im Westen: er ist mehr 
und mehr zum Festungskrieg geworden, für beide Teile. Auf dem Fort Camp des 
Romains bei St. Mihiel sah ich neben einem der Ausfallstore den vorjährigen Unter 
stand für den Posten vor der Mauer: eine lockere Steinschichtung mit einem Notdach 
aus Pfosten, Brettern und Dachpappe. So deckten wir uns am Anfang ein, als die 
Sache schnell gehen mußte. Jetzt steht der Posten zwischen betonierten Schutzwänden ... 
Wir schreiten durch die vordersten Stellungen. Der Graben ist teilweise mit pracht 
voller Ebenmäßigkeit in den harten Fels gehauen. Da horch: ein dumpfer Knall! Noch 
einer! Ein weißlicher Rauch steigt drüben aus der Erde. Was war das? Eine Mine? 
Ja, aber eine friedliche, nur bestimmt einen Unterstand, einen Wohnstollen zu erweitern. 
Er liegt eine erkleckliche Zahl von Metern unter dem gewachsenen Boden, ist mannshoch 
und bleibt dem Auge der feindlichen Artillerie vollkommen unsichtbar. Festungsarbeit, 
Festungskrieg! 
Auf der andern Seite der Cötes Lorraines, wo unsere Stellung von Combres und Les 
Eparges durch die weite Wosvre-Ebene gegen Etain zu verläuft, ganz ähnliche Bilder. 
Nur der Boden ist anders und die Schwierigkeiten des Ausbaus sind es dementsprechend 
auch. Solange der trockene Herbst andauerte, war der lehmige Tonboden hart und 
spröde, aber er hielt wenigstens stand. Als der Regen ihn langsam zu erweichen begann, 
kam er an abschüssigen Stellen ins Rutschen. Da hieß es rechtzeitig vorbauen, stützen, 
Faschinen und Drahtwände ziehen, für Abzug des Wassers sorgen. Kilometer weit geht 
man in den Gräben über Knüppelwege dahin, unter denen das Wasser in sorgfältig 
nivellierten Ablaufkanälen träge und mißmutig abfließt. Die Holzroste sind stückweise 
gelegt, so daß man sie jederzeit aufnehmen und Stauungen des Wassers beseitigen kann. 
Die Eindeckung der Unterstände erreicht eine Dicke von vielen Metern, in wechselnder 
Schichtung von schweren Eichstämmen und verflochtenen Eisenschienen. Aus dem Abschnitt 
nur eines Bataillons wurden so etwa 1000 Stück Eichenstämme eingegraben. Rechnet 
man den Geldwert des einzelnen Stammes gering mit 800 M., so stecken hier allein an 
Holz für 300 000 M. in der Erde. Auf einem winzig kleinen Stückchen der Riesenfront 
von den Alpen bis zum Meere!
	        
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