Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

158 Die Ereignisse an der Westfront im dritten Kriegshalbjahr 
Und nach all diesen großen Leistungen und übermenschlichen Leiden noch diese unge 
brochene Kraft, dieses Ungestüm eines unaufhaltsamen Vorbrechens! Gewiß, es sind nur 
zum Teil dieselben Leute, die alles das mitgemacht haben; aber das ist ja noch be 
deutungsvoller, daß der Ersatz, die jungen Rekruten wie die alten Landsturmleute, sich 
mit den Mannschaften der ersten Mobilmachung zu einer so kraftvollen, siegeszuverstcht- 
lichen Truppe verschmolzen haben. Das ist die Gewähr für den Enderfolg." 
Die deutschen Frontverbesserungen bei Neuville 
Am 23. bis 28. Januar und Ansang Februar 1916 
Die erfolgreichen Vorstöße der deutschen Truppen in der letzten Januarwoche 1916 
bei der Vimy-Höhe gegen Neuville-St. Vaast zwischen Lens und Arras stellen sich als 
eine zusammenhängende Unternehmung von großer örtlicher Bedeutung dar. Sie wurden 
zunächst an vier Tagen von vier verschiedenen Angriffsstellen aus unternommen. Rechnet 
man den Teilangriff bei St. Laurent, nordwestlich Arras hinzu, so ergibt das eine Front 
länge von sieben bis acht Kilometern, auf die sich die Kämpfe verteilen. Sie waren 
durch große, gut vorbereitete Minensprengungen eingeleitet und erreichten vollkommen 
ihren Zweck, die kleinen von der großen Herbstoffenstve verbliebenen Nachteile der 
deutschen Stellung auszugleichen. 
Der erste Angriff am 23. Januar 1916 an der Straße Lille—Arras, nordwestlich 
Roclincourt gelang glatt. Da die deutsche Leitung überraschen wollte, war auf die 
artilleristische Vorbereitung verzichtet worden. Aber umfangreiche Sprengungen bil 
deten, nach der Schilderung des Kriegsberichterstatters Dr. Max Osborn in der „Vos- 
stschen Zeitung" (12. H. 16), „am frühen Morgen des 23. Januar, um 7 Uhr 20 Mi 
nuten den Auftakt, dem der Sturm der Infanterie unmittelbar folgte. Es ging sehr 
schnell. Die Franzosen waren vollständig überrumpelt, und auf dem vergleichsweise 
kleinen Abschnitt wurde eine ansehnliche Zahl von Gefangenen gemacht. Die süd 
deutschen Truppen, die auch hier den Angriff ausführten, hatten, da für die Morgen 
stunde Nebel zu erwarten war, einen Ruf verabredet, der als Erkennungszeichen dienen 
sollte. Sie wählten dazu einen Namen, der im Regiment vertreten war, den Namen 
„Hierl". Nun, man kann sich vorstellen, wie es den verblüfften Gegnern in die Ohren 
tönte, als sich die Oberbayern mit dem Rufe „Hierl! Hierl!" aus sie stürzten. Für 
französische Hörer muß das seltsam genug geklungen haben. Sie glaubten jedenfalls, 
das sei ein altgermanischer Barbaren-Schlachtruf, und es ward ihnen höchst unheimlich 
zumute. Wirklich meinten mehrere Gefangene, daß sie dieser unverständliche Kriegslärm 
gleichsam gelähmt habe. Als ich einem bayerischen Soldaten, der aussah, als habe er 
auch in Friedenszeiten schon manchen „auf die Kirchweih geladen", davon erzählte 
wollte er sich schief lachen und sagte schließlich: „No, dös Ding is guat!" 
Das Ding war wirklich gut geraten. 250 Meter feindlicher Front war im Nu 
erobert. Aber schwerer, als solchen Gewinn zu erringen, ist es oft, ihn festzuhalten 
und aus die Dauer zu behaupten. Schon am Nachmittag des 23., dann wieder am 
24. Januar setzten die Franzosen zu Gegenstößen an. Allerdings begnügten sie sich 
mit solchen Ansätzen. Zu einem regelrechten Angriff kam es nicht. Es waren das 
die Versuche, von denen der Bericht der Obersten Heeresleitung am 25. Januar (vgl. 
S. 140) sagte: „Nur einzelne beherzte Leute verließen ihren Graben." Sie kamen 
natürlich nicht weit. Und seitdem ist es bei Beschießungen geblieben, deren Hauptziel 
ist, die deutschen Befestigungsarbeiten zu stören." 
Nördlich der ersten Angriffsstelle, ostsüdöstlich von Neuville-St. Vaast, folgte am 
24. Januar 1916 der zweite Schlag. Besonders am nächsten Tage lebhafter Wider 
stand des Gegners, der auch dem dritten Vorstoß vom 26. Januar nordöstlich Neuville-
	        
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