Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Die Kämpfe an der Westfront während der großen englisch-französischen Herbstoffensive 111 
der glückliche Schütze, der den weltbekannten französischen Sturzflieger Pegoud am 
1. September 1915 bei Petite-Croix aus einer Höhe von 2400 Metern herabgeschossen 
hat. Natürlich hatte Oberleutnant Bielitz keine Ahnung, wer sein Gegner war. Man 
wußte nur, daß sich Pögoud durch seine Geschicklichkeit schon recht unliebsam fühlbar 
gemacht hatte. Ueber den Kamps selbst erzählt Oberleutnant Bielitz folgendes: „Ich 
war aufgestiegen und photographierte über Belfort. Da tauchte hinter mir eine an 
dere Maschine auf. Da von uns noch drei aufgestiegen waren, glaubte ich, es sei 
eine von diesen. Der Sicherheit halber äugte ich aber doch durch mein Glas hin. 
Donnerwetter, das ist ja ein Franzose, der auf mich Jagd macht. Na, denn man los! 
Ich hatte gerade noch Zeit, meine Kamera wegzuschmeißen und mein Maschinengewehr 
herzukriegen! Ich ließ die Maschine so drehen, daß ich gutes Schußfeld hatte. Dann 
ging es los ... tak, tak, tak... Gott, ich glaube, daß dem Franzosen nicht gut zumute 
war. Anfänglich waren wir ungefähr 200 Meter auseinander, kamen uns aber schließ 
lich auf 50 Meter nahe. Plötzlich, nach einem von mir abgegebenen Schuß blieb dem 
Franzosen der Motor stehen, der Propeller drehte sich nicht mehr, er stürzte steil ab; 
was ihm geschehen war, wußte ich in dem Augenblick natürlich nicht. Ich glaubte zu 
nächst, daß ich ihm in den Motor geschossen hatte, flog ruhig weiter und machte weitere 
Aufnahmen. Da sah ich, daß eine Kugel des feindlichen Schützen das Brett, aus dem 
ich stand, der Länge nach aufgerissen hatte, und entdeckte dann, daß sie der ganzen 
Richtung nach in den Benzintank gegangen sein mußte. Natürlich ließ ich sofort drehen 
und rief meinem Führer, dem Unteroffizier Walter Kandulski, zu, was geschehen sei. 
Dieser schaltete den Reservetank ein, und wir flogen nach Hause zu. Als wir schon 
ganz in der Nähe unseres Flugplatzes waren, fiel durch die Segeltuchwand vor dem 
Benzintank das Geschoß in meinen Sitz, ich nahm es natürlich aus und durchsuchte die 
ganze Sache. Das Resultat war, es hatte einen Stahlholm durchschlagen, aus dem mein 
Fußboden ruht, den Fußboden hatte es aufgerissen, war durch die Segeltuchwand und gegen 
den Benzintank geschlagen, hatte ihn aber nicht mehr durchbohrt, sondern war abgeprallt. 
Es war nur eine ganz kleine Beule zu sehen: Hätte ich in drei Teufels Namen das 
früher gewußt, wäre ich ruhig weitergeflogen und hätte noch schöne Ausnahmen gemacht!" 
Daß Pegoud der Insasse des Doppeldeckers war, wurde der Fliegerabteilung erst 
durch französische Zeitungen bekannt. Selbstverständlich herrschte große Genugtuung, 
daß dieser immerhin beachtenswerte Gegner einem deutschen Schützen zum Opfer ge 
fallen war. Und dieser beschloß, seinem überwundenen Feinde eine ritterliche 
Ehrung darzubringen. Er holte in Mülhausen einen Kranz und flog in unermeßlicher 
Höhe über den französischen Flugplatz, den er entdeckte. Hier ließ er ihn fallen. Es 
ist aber nicht richtig, daß aus dem Kranz eine Widmung in französischer Sprache ange 
bracht war, sondern auf den Schleifen standen die deutschen Worte: „Den im Kamps 
für sein Vaterland gefallenen Flieger Pegoud ehrt — der Gegner." 
Adolphe C6le st ine Psgoud wurde, nach Angaben der „Neuen Zürcher Zeitung" (3. IX. 1915), 
im Jahre 1889 in Montferrat im Departement Jssre geboren. Als Freiwilliger nahm er in der Ka 
vallerie am Marokkofeldzug 1907/08 teil. Hauptmann Carlin bildete ihn in Satory zum Flieger aus; 
die eigentliche Fliegerkarriere begann er bei Bleriot, im Februar 1913. Bevor er seinen ersten 
Schleifenflug ausführte, versuchte er am 23. August 1913 mit Erfolg einen Sturzflug mit Flieger 
schirm, indem er sich aus einem Flugzeug aus 300 Meter Höhe stürzte. Es folgte am 1. September 
desselben Jahres in Juvisy ein Flug mit Kopf nach unten. Der Ruhm Pögouds verbreitete sich mit 
Blitzesschnelle über die ganze Welt. Den ersten Sturzflug führte Psgoud am 21. September 1913 in 
Buc aus. Es folgten seine kühnen Flüge in Belgien, Italien, Rußland, Deutschland und Oesterreich. 
In Berlin feierte Psgoud am 25. Oktober 1913 seine größten Erfolge vor einem Publikum von 200 000 
Köpfen. An diesem Tage führte Psgoud auch seinen kühnsten Flug aus: er blieb eine Minute und 17 Se 
kunden lang mit dem Kopf nach unten, nachdem er sich zehnmal mit seinem Flugzeug überschlagen hatte.
	        
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