Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Die Kämpfe an der Westfront während der großen englisch-französischen Herbstoffensive 93 
fachen Sturm aus den eigenen Schützengräben in die Verteidigungsstellung des Feindes, 
sondern um eine eigentliche Feldschlacht gehandelt. „Denn die Infanterie," so behauptet 
der Bericht, „gewann ihre wichtigsten Positionen nicht durch Frontalangriffe, sondern 
durch Manöver — so fiel beispielsweise im Sektor von Perthes ein deutsches Werk, 
das seit Jahresfrist allen Angriffen gespottet und das der Feind als uneinnehmbar er 
klärt hatte, innerhalb zehn Minuten. Die Artillerie ihrerseits fand ihre Beweglichkeit 
wieder und rückte auf freiem Felde vor, ja sie feuerte aus ungedeckten Stellungen wie 
im Manöver. Auch waren die Deutschen nicht wenig verblüfft, als sie bei Beausäjour 
plötzlich französische Kavallerie anrücken sahen. Deutsche Batterien wurden durch 
französische Infanterie überrannt, an andern Stellen hielt sich der Feind tagelang 
in Enklaven und mußte förmlich belagert werden. Die Vorzüge und Nachteile der einzelnen 
Waffengattungen spielten wieder eine Rolle, und Nebel und Regenwetter trugen ihr Teil 
bei an Erfolg und Mißerfolg. Die 40 Quadratkilometer Boden, die der Feind verlor, 
bedeckten sich mit Leichen und Verwundeten, mit Wagenkolonnen und Gefangenentrans 
porten, mit Meldereitern und in den Kampf ziehenden Regimentern, — kurz den Re 
quisiten des historischen Schlachtfeldes. 
Was dem modernen Stellungskrieg den Stempel aufdrückt, das ist weniger sein Ver 
lauf, wie wir sehen, als vielmehr die detaillierte Vorbereitung, die ihm vorausgeht. Die 
eingedrückte deutsche Verteidigungsstellung, wie sie seit den Tagen der Marne zwischen 
dem Massiv von Moronvillers und den Argonnen zur Deckung der Eisenbahnlinie 
Challerange—Bazancourt angelegt war, bestand aus zwei Hauptstellungen, die durch 
einen Zwischenraum von drei bis vier Kilometern getrennt waren. Die erste und dich 
tere Linie wies eine Tiefe von 300 bis 500 Metern aus und war von vier bis fünf 
parallel laufenden Schützengräben durchzogen, die an bestimmten Stellen durch Quer- 
und Verbindungsgräben zu einem quadratischen Netze ausgebaut waren — dem Bilde 
eines Spinngewebs sehr ähnlich. Die Schützengräbenreihen selbst waren unter sich durch 
Drahtverhaue von 15 bis 60 Meter Tiefe getrennt, außerdem liefen zur rückwärts 
liegenden zweiten Hauptstellung perpendikuläre oder diagonale Zickzackgräben, die eine 
Zerlegung des Kampfseldes in „Kompartiments" ermöglichten. Das Prinzip ist im 
Grund dasselbe wie beim Kammersystem der Ozeandampfer: das Eindringen der Sturm 
flut in einen Teil des Systems bewirkt an sich nicht die Ueberschwemmung der übrigen 
Kammern. Zwischen den beiden Hauptstellungen hatten die Deutschen ihre Depots für 
den Nachschub, so beispielsweise das „Camp Elberfeld" ...." 
Der allgemeine Angriff aus einer Front von 16 Kilometern war auf den 25. Sep 
tember 1915, morgens 9 Uhr 15 Minuten angesetzt. Die Sturmdistanz betrug im 
Mittel 200 Meter und wurde ohne große Verluste zurückgelegt, da die deutsche 
Artillerie erst allmählich einsetzte. Die Richtung dieser Sprungserie war teils pa 
rallel, teils konvergierend, je nachdem die gegenüberliegende Stellung von der Front 
oder von der Flanke genommen werden sollte. Im ganzen war das Operationsfeld 
gemäß der Bodenbeschaffenheit in sechs Sektoren eingeteilt, deren Angreifer sich hinter 
der ersten deutschen Hauptstellung erneut zur einheitlichen Front zu formieren hatten. 
An den beiden Extremitäten der Schlachtlinie, bei Auberive und bei Ville-sur-Tourbe, 
beschränkten sich die Franzosen nach einem kurzen, erfolglosen Ansturm auf den Flanken 
schutz und die Fesselung feindlicher Streitkräfte. Währenddesien rückte das Zentrum in 
sämtlichen Sektoren vor, hier rascher, dort langsamer, was bald ein krauses Zickzackbild 
ergab, dessen Ausgleich Tage erforderte. In den befestigten Quadraten, wie wir sie 
oben beschrieben haben, hielt sich der Verteidiger zum Teil mit bewundernswürdiger 
Zähigkeit; die Stellung des Bois Sabot östlich von Souain mußte mühselig belagert 
werden; von den Franzosen abgeschickte Parlamentäre erhielten blutige Antwort, da es
	        
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