Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Die Kämpfe an der Westfront bis zur französisch-englischen Herbstoffenstve 25 
Befreiung erhoffte. Sehr reich war auch wieder die Beute an Befehlsbüchern, Karten, 
Skizzen und Tagebüchern, die unvorstchtigerweise in die vordersten Linien mitgenommen 
werden. Aus letzteren ergab sich, daß die Regimenter 70 und 270 bis vor einigen 
Wochen vor Arras gelegen und dort sehr gelitten hatten. Man versprach einen Wechsel 
an einen ruhigeren Teil der Front; sie kamen dann in die Argonnen, vom Regen in 
die Traufe. Aus verschiedenen Auszeichnungen geht weiter hervor, daß die französischen 
Truppen nicht imstande sind, es länger als zwei Monate in den Argonnen auszuhalten. 
Ein französischer Offizier sagte, es errege die höchste Bewunderung bei der ganzen Armee 
von Verdun, daß die deutschen Truppen nun schon ein volles Jahr ohne Wechsel im 
Walde aushielten und daß hierbei das 16. Armeekorps und die Württemberger immer 
erfolgreich offensiv wären. 
Der 8. September ging ruhig zu Ende. Hie und da wurden Handgranaten geworfen, 
die französische Artillerie machte abends einige ihrer berühmten Feuerübersälle, aber unsere 
braven Leute konnten weiterarbeiten am Ausbau der gewonnenen Stellungen. Am 
Morgen des 9. September gegen 2 Uhr begann plötzlich ein furchtbares Trommelfeuer 
der feindlichen Artillerie, der auch unsere antwortete, so daß die Erde bebte. Nach einer 
halben Stunde wieder Ruhe. Wir hatten einen Gegenstoß erwartet, es kam aber keiner. 
Die rege Artillerietätigkeit jedoch dauerte weiter; es währt immer eine Woche, bis sich die 
Nervosität der Franzmänner nach einer so wuchtigen Ohrfeige gelegt hat." 
Wie hoch der Argonnensteg vom 8. September vom Oberkommandierenden der V. Armee, 
dem deutschen Kronprinzen eingeschätzt wurde, zeigt sein Telegramm an den König von 
Württemberg, das nach dem „Württembergischen Staatsanzeiger" (11. IV. 1915) lautete: 
„Es ist mir eine große Freude, Dir wiederum melden zu können, daß drei Deiner Regi 
menter im Verein mit drei preußischen Regimentern im Argonnenwalde mit großem 
Schneid und tadelloser Wirkung mehrere feindliche Stellungen im Sturm genommen 
haben. Es wurden hierbei 2050 Gefangene, 50 Maschinengewehre, 48 Minenwerser, 
eine Revolverkanone, 100 große Flügelminen und viel Material erbeutet." 
Um die Beunruhigung, die das Gerücht von dem deutschen Argonnensteg in Frank 
reich verursacht hatte, zu beheben, ist am 11. September 1915 durch die Havas-Agen- 
tur eine den Tatsachen direkt widersprechende Mitteilung verbreitet worden, die charak 
teristisch ist für die lügnerische Art, mit der das französische Publikum über die Ereig 
nisse an der Front unterrichtet wird. Es heißt darin u. a.: Trotz der halbamtlichen 
deutschen Depeschen, welche irrezuführen versuchen, gelangte der mit mächtigen Waffen 
und Material durchgeführte Angriff der Armee des Kronprinzen am 8. September zu 
keinem nennenswerten Ergebnis. Der Feind hat nur an einigen Punkten auf einer 
Front von ungefähr 1200 Metern in die französischen Gräben einzudringen vermocht. 
Der sogleich zum Stehen gebrachte Feind erneuert vergeblich seine Angriffe und mußte 
den Kampf aufgeben. Der deutschen Offensive ist es nicht gelungen, die Lage der 
einander gegenüberstehenden Truppen zu verändern; sie kostete jedoch die Deutschen 
wenigstens gleiche Verluste wie die französischen Truppen. Seit die Armee des Kron 
prinzen in den Argonnen kämpft, hat sie keine Verschiebung der Front von strategischer 
Bedeutung erlangt. In einem Jahre verlor ein einziges Armeekorps mehr als 40 000 
Mann. Die Armee des Kronprinzen in ihrer Gesamtheit verlor mehr als 100 000 Mann. 
General Humbert, der als Nachfolger des Generals Sarail (vgl.VII, S. 253) in den Argon 
nen befehligte, gelang es nicht, den Deutschen ihren Gewinn auch nur teilweise wieder zu 
entreißen. Er begnügte sich damit, die Entfernung der Presse-Berichterstatter von der 
Argonnenfront zu verfügen und nach Mitteilungen des „Lokal-Anzeigers" (10. IX. 15) 
dem Generalissimus Joffre die Trostmeldung zu senden: „Es ist den Deutschen nicht 
gelungen, unsere ganze Front zu durchbrechen."
	        
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