Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

14 Die Ereignisse an der Westfront im dritten Kriegshalbjahr 
Gegenangriffen Neuville und La Targette noch nicht wieder erreichen; aber die Aus 
bauchung der französischen Front zwischen Souchez und Ecurie war doch nahezu voll 
ständig verschwunden und wurde weiter verringert durch deutsche Angriffe am 9. 
Februar 1916 die östlich Souchez Raum gewannen und den Franzosen eine Stellung 
vor den Trümmern des Dorfes Souchez nahmen. Auch im Westteil von St. Laurent vor 
Arras, von dem die Franzosen Mitte Februar 1916 nur noch einige Keller des West 
teils besaßen, sind Vorteile errungen worden. 
Wie im Januar so beschossen die Engländer auch im Februar wiederholt rücksichts 
los die Stadt Lille, die Franzosen Lens, wohl mit der Absicht, etwa zu einer größeren 
Offensive bereitgestellte Reserven an Material und Truppen zu vernichten. Der Erfolg 
dieser zwecklosen Beschießungen war allerdings nur die Zerstörung eines Teiles der 
Stadt Lille und der Tod zahlreicher bürgerlicher Bewohner in beiden Städten. 
Im Abschnitt Albert—Lassigny war es den Deutschen am 29. Januar 1916 ge 
lungen, die französischen Stellungen im Anschluß an das Dorf Frise in einer Front 
von fast vier Kilometern und in einer Tiefe von einem Kilometer zu nehmen, das Dorf 
zu besetzen und die südlich anschließenden Linien vorzuschieben. Alle Versuche der Fran 
zosen, die verlorenen Gräben stückweise zurückzuerobern, mißlangen und als es ihnen am 
7. Februar glückte, nach heftigem Artilleriefeuer 100 Meter Grabenbreite zurückzugewinnen, 
sind sie noch am Abend desselben Tages, ehe sie einen zweiten Angriff vortragen konnten, 
von schlesischer Infanterie wieder hinausgeworfen worden. 
Auch an der Aisne, wo sich die deutschen Truppen im Raume Crouy—Cuffies näher 
an Soissons heranzuarbeiten versuchten und in der Champagne, wo in der Gegend 
Tahure—Ste. Marie-L-Py am 13. Februar die Straße Tahure—Somme—Py wieder 
gewonnen und somit den früheren ersten deutschen Linien beträchtlich näher gekommen 
wurde, wechselten Angriffe und Gegenangriffe. 
In den Argonnen, zwischen Maas und Mosel, sowie in den Vogesen 
dauerten die Artillerie- und Minenkämpfe ununterbrochen an; um die Mitte des Monats 
Februar fanden auch hier Jnfanterieangriffe statt, so am 12. und 13. Februar im Ab 
schnitt St. Di«, bei Luffe und dann im Largabschnitt bei Obersept, wo zur Verbesserung der 
deutschen Linien am 13. Februar 1916 französische Grabenstellungen von deutschen Truppen 
genommen wurden. Belfort, das bereits am 22. Januar beschossen worden war, ist am 8., 
9. und 10. Februar von einigen Geschossen schwerster deutscher Geschütze erreicht worden. 
Im ganzen war die Tätigkeit an der Westfront und damit auch die Spannung im 
Felde und hinter den Fronten in den ersten Wochen des Jahres 1916 in unaufhörlicher 
Steigerung begriffen, umsomehr als alle Gegenangriffe der Alliierten ohne wesentliche 
Wirkung blieben und man vor allem in Paris befürchtete, daß durch die verschiedenen, 
offenbar einheitlich geregelten deutschen Operationen ein deutscher Durchbruchs-Angriff 
vorbereitet und eingeleitet werden könnte. In Wirklichkeit nahm die deutsche oberste 
Heeresleitung zunächst nur überall dort an ihrer Front taktische Grenzberichtigungen vor, 
wo dies wünschenswert und ohne großen Kraftaufwand möglich schien. Daß sie damit 
sowohl eine Befestigung ihrer Stellungen gegenüber der bevorstehenden neuen Offensive 
der Alliierten bezweckte, als auch eine Sicherung für die Durchführung späterer, etwa 
notwendig werdender größerer Operationen, ist selbstverständlich. Doch hatte dies 
„Schütteln der Front", wie es der Militärkritiker der „Times" nannte, doch wohl vor 
allem den Zweck, -die Westfront an allen Stellen derart zu sichern, daß die für das 
Frühjahr 1916 angekündigte Offensive der Entente ohne Bloßstellung anderer Front 
abschnitte durch eine großzügige deutsche Operation an einer Stelle, durch die bevor 
stehende Schlacht von Verdun, wenn nicht aufgehalten, so doch beeinflußt werden konnte 
und somit der deutschen Heeresleitung Entschluß- und Handlungsfreiheit gewahrt würden.
	        
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