Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

320 Großbritannien während des zweiten Kriegshalbjahres 
In seiner Begründung im Unterhause führte der Schatzkanzler MacKenna aus, daß 
die Anleihe zu pari und 4Vz°/o Zinsen ausgegeben werde, mit Einzahlungsfrist bis zum 
24. Oktober 1915, daß der Betrag der Anleihe nicht begrenzt sei, und daß die Besitzer 
der ersten Kriegsanleihe, die auf die neue zeichnen wollen, unter Einreichung der 
Zwischenscheine der alten Anleihe, die zu 95 ausgegeben wurde, unter Zuzahlung des 
Unterschieds von 5 Pfund den entsprechenden Betrag der neuen Anleihe zu 100 er 
halten. Den Besitzern von Konsols werden diese zum gegenwärtigen Preise von 66Vz 
gegen die neue Anleihe eingetauscht, wenn sie den gleichen Betrag zu erhalten wünschen. 
Der Staat hat das Recht, die Anleihe im Jahre 1925 zu pari zurückzuzahlen, oder die 
Besitzer haben im Jahre 1945 Anspruch auf Einlösung. Um allen Klassen der Bevölke 
rung die Beteiligung an der Anleihe zu ermöglichen, können Zeichnungen im Betrage 
von 100 Pfund aufwärts bei der Bank von England oder in Anteilscheinen und Schatz 
scheinen von 5 Schilling bis zu 25 Pfund, die bei den Postämtern, Gewerkschaften und 
anderen Korporationen erhältlich sind, bewirkt werden. 
Zur Sicherung der Anleihe begann in allen englischen Blättern ein Feldzug, der die 
Bevölkerung zur Sparsamkeit, vor allem an Fleisch und an Kohlen, mahnte. Jeder 
müsse sich nach Kräften an der Kriegsanleihe beteiligen, nicht nur mit den vorhandenen, 
sondern auch mit den Ersparnissen der nächsten Monate. Auch Asquith und Bonar 
Law hielten in einer in London unter dem Vorsitz des Lordmayors veranstalteten Ver 
sammlung Reden zur Anpreisung der Anleihe, wobei Asquith pathetisch erklärte, es 
handle sich um die erste demokratische Anleihe der vereinigten Königreiche, bei der 
auch den kleinen Leuten alle Vorteile zugute kämen. 
Das Ergebnis der am 10. Juli 1915 abgeschlossenen Listen war, daß von 550000 
Zeichnern 570 000 000 Pfund bei der Bank von England und von 547 000 Zeichnern 
15 000 000 Pfund bei den Postverwaltungen gezeichnet wurden. Dabei sind, wie der Schatz 
kanzler MacKenna im Unterhause mitteilte, die Beträge nicht inbegriffen, die durch 
Umtausch der ersten Kriegsanleihe beigebracht wurden. Gleichwohl erscheint das Er 
gebnis gering im Verhältnis zu dem was erhofft worden war, nämlich daß das Er 
trägnis ausreiche, den ungefähr auf 1 Milliarde Pfund berechneten Rest der Kriegs 
kosten des lausenden Finanzjahres zu decken. Dabei muß man berücksichtigen, daß die 
neue Kriegsanleihe dem englischen Publikum Ertragsaussichten bot, wie sie sonst am 
englischen Markt gänzlich unbekannt waren. Ist sie doch mit einem Zinsfuß von 4Vs°/o 
ausgestattet, während bis dahin englische Konsols nur 2Vz°/<> Zinsen brachten und auch 
die erste englische Kriegsanleihe nur 3^/z°/g abgeworfen hatte. 
In Wirklichkeit kostet das neue Geld dem englischen Schatz, wie Staatssekretär 
Dr. Helfferich dem Vertreter amerikanischer Zeitungen, Herrn Schweppendick, auseinander 
setzte, mehr als 5%, hauptsächlich deswegen, weil der Staat seinen bisherigen Gläu 
bigern eine vorteilhafte Konvertierung nach oben gestattete. Das hatte aber weiter recht 
empfindliche Folgen. Da die neue Kriegsanleihe an der Börse sofort ungefähr drei Punkte 
unter dem Ausgabekurs verkauft wurde, bei den Postanstalten aber vom kleinen Mann 
zu pari gekauft werden mußte, sah sich die Regierung veranlaßt, den Handel mit der neuen 
Kriegsanleihe zunächst zu verbieten, worauf die erste Kriegsanleihe aus 92^ °/y herunter 
ging, also 3Vs°/o Disagio auswies. Aber auch sonst hat die Emission einer Kriegs 
anleihe von 4Vz °/o eine kursdrückende Wirkung aus alle Notierungen hervorgebracht. Die 
übliche Liste von 387 repräsentativen Börsenwerten wies, nach dem Börsenbericht des 
„Daily Telegraph" einen Rückgang des Totalwertes von nicht weniger als 99 Millionen 
Pfund Sterling auf, während des Zeitraumes vom 21. Juni bis 20. Juli 1915. 
Eine weitere unheilvolle Folge der zweiten englischen Kriegsanleihe machte sich, wie 
die „Daily Mail" vom 31. Juli 1915 betonte, bei den Banken bemerkbar. Sie ent-
	        
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