Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Vom Parlament und der Regierung 
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in der Admiralität, die schuld seien an dem Verlust der vielen englischen Kreuzer, die 
durch „verbrecherische Nachlässigkeit, krasse Stupidität und Befehle eines strategischen 
Dilettanten" verschuldet worden seien. Noch schärfer ging ein anderes Parlaments» 
Mitglied, der ebenfalls der Opposition angehörende Schiffsreeder Falle, mit dem „Dilet 
tanten" Churchill ins Gericht, der geschwollene Parlamentsreden halte, seine Ansichten 
über das Herausholen der deutschen Kriegsschiffe wie Ratten aus dem Loch und über 
Säuglingsmörder auftische, während man lieber seine Rechtfertigung hören möchte über 
die durch seine dilettantische Unfähigkeit zu Witwen und Waisen gewordenen Frauen 
und Kinder britischer Seeleute. Was hätte Churchill fortwährend an der französischen 
Front zu suchen? Habe er nötig, dem Marschall French den Mut zu stärken? Nie 
mand hätte etwas dagegen, wenn er in der Front mitkämpfen würde, aber da er das 
nicht tue, sollte er sich lieber um seine Flotte kümmern." 
In den Debatten über die Behandlung der englischen Gefangenen in 
Deutschland waren gegenüber einer gehässigen Rede des Liberalen Dalziel, der die 
Mißhandlung englischer Verwundeter aus dem Schlachtfelde und die Unterernährung 
der Gefangenen in Deutschland als zweifellose „Tatsachen" erklärte, die Ausführungen 
des Unionisten Robert Cecil bemerkenswert, der feststellte, daß im allgemeinen von 
schlechter Behandlung nicht gesprochen werden könne, und daß die deutschen Aerzte gut 
behandelten. Der Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amts, Neil Primrose, sagte u. a., 
es bestehe die Neigung, die Härte der Behandlung zu übertreiben, wenn er auch der 
letzte sei, der behaupten wolle, daß die Behandlung der Gefangenen angemessen wäre. 
Bezüglich der Behandlung der Verwundeten stimme er mit Cecil überein. 
Die Behandlung der Angehörigen feindlicher Staaten gab zu wiederholten 
Beanstandungen Veranlassung. Außerdem ist am 16. März 1915 ein Gesetz verabschiedet 
worden, das ermöglicht, vor englischen Gerichten Klagen auf Feststellung der Wirkung 
zu erheben, die der Krieg auf die zwischen Engländern und ihren Feinden vor dem 
Kriege abgeschlossenen Verträge ausübt, und derartige Klagen in Abwesenheit des Be 
klagten zur Entscheidung zu bringen. 
Ein Gesetzentwurf über die Vermehrung der Zollbeamten zur Verhinderung 
unerlaubter Ausfuhr von „Vorräten" durch neutrale Schiffe ist angenommen worden, 
ebenso am 9. März die besonders wichtige Erweiterung des Gesetzes über die 
Verteidigung des Königreichs, nach der die Regierung nicht nur alle Werke, 
die gegenwärtig schon Kriegsmaterialien herstellen, mit Einschluß der Kriegsschiffwersten, 
übernehmen kann, sondern auch andere Fabriken, die zur Herstellung von Kriegs 
material eingerichtet werden können. Von grundsätzlicher Bedeutung ist dabei die Neu 
gestaltung der Beziehungen des austraggebenden Staates zu den Arbeitern und zum 
Kapital. Die Gewerkschaften sollen verpflichtet werden, alle Einschränkungen über die 
Arbeitszeit, die Verwendung von Frauen und Kindern sowie ähnliche Forderungen während 
der Kriegszeit außer Kraft zu setzen und alle Streitigkeiten mit dem Kapital einem von 
der Regierung ernannten Schiedsgericht zu unanfechtbarer Entscheidung zu übertragen, 
ohne zum Streik oder anderen, die Erzeugung einschränkenden Waffen zu greifen. Dem 
Kapital soll der Unternehmergewinn beschränkt werden. Darüber hat der „Board os 
Trade" Ende März 1915 eine Erklärung abgegeben, deren wichtigste Stelle nach der 
„Frankfurter Zeitung" folgendermaßen lautet: „Es ist die Absicht der Regierung, mit 
allen wichtigen Firmen, die ganz oder teilweise Bauten und Schiffsbauten zu Kriegs 
zwecken ausführen, Abmachungen zu treffen, wonach ihre Gewinne so beschränkt werden 
sollen, daß die Gewinne aus der Milderung der gewerkschaftlichen Vorschriften und Ge 
wohnheiten dem Staate zugute kommen sollen."
	        
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