Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Großbritannien während des 
zweiten Kriegshalbiahres 
Von Februar bis August 1915 
Fortsetzung von Band III, Seiten 277 bis 311 
Kundgebungen englischer Staatsmänner 
Die Rede Greys in London 
am 22. März 1915 
Der englische Minister des Auswärtigen, Sir Edward Grey, hielt am 22. März 1915 
in London eine Rede über den Ursprung des Krieges, in der er sagte: Hunderte von 
Millionen seien ausgegeben, Hunderttausende hätten ihr Leben verloren, Millionen seien 
in Europa in den letzten Monaten verwundet und verstümmelt worden, und allem hätte 
vorgebeugt werden können, wenn Deutschland einer Konferenz der Mächte zugestimmt 
hätte. Es wäre weit leichter gewesen, durch eine Konferenz den Streit zwischen Oester« 
reich-Ungarn und Serbien zu lösen, als die Balkankrists von 1913. Deutschland 
habe von der Londoner Konferenz her, die die Balkankrists beendete, gewußt, daß 
es bei einer Konferenz aus Englands Friedensliebe rechnen konnte. „Wir wollten/ 
fuhr Grey fort, „während der Balkankonserenz keine diplomatischen Siege, wir inszenierten 
keine Intrige, wir suchten unparteiisch die Dinge zu einem guten Ende zu bringen. Im 
Juli 1914 waren wir bereit, dasselbe zu tun. In den letzten Jahren haben wir 
Deutschland wiederholt verstchert, daß kein Angriff auf Deutschland bei uns irgendwelche 
Unterstützung finden werde; wir haben aber Deutschland nicht versprechen können, ihm 
zur Seite zu stehen, wenn es aggressiv gegen seine Nachbarn vorginge. Wir wissen nun, 
daß Deutschland sich auf einen Krieg so vorbereitet hatte, wie nur ein Volk, das einen 
Krieg im Sinne haben kann. Das ist das viertemal seit Menschengedenken, daß Deutsch 
land Europa in einen Krieg verwickelt hat. Die vorigen waren Kriege gegen Dänemark. 
Oesterreich und Frankreich. Wir wissen aus amtlichen Dokumenten, daß Deutschland 
diese Kriege entfesselt hat. Wir find jetzt fest entschlossen, daß dies das letztemal sein 
soll. Lange, bevor der Krieg begann, hatte ich Belgien versprochen, daß wir seine 
Neutralität nicht verletzen würden, so lange sie durch die anderen Mächte gewahrt werde. 
Wenn Deutschland einen Einsall in Belgien machte, waren wir verpflichtet, uns dem 
mit aller Kraft zu widersetzen. Wenn wir das nicht sogleich getan hätten, als Deutsch 
land die Belgier anfiel, Nichtkämpfer niederschoß und das Land auf eine Weise ver 
nichtete, die im Widerspruch steht mit allen Kriegsregeln und Gesetzen der Menschlich 
keit, hätte uns das zur ewigen Schande gereicht. Eine der ersten Friedensbedingungen 
muß sein, die Wiederherstellung Belgiens in seiner unabhängigen nationalen Existenz mit 
ungestörtem Besitz seines Grundbesitzes und, soweit möglich, mit Entschädigung für das 
Belgien angetane grausame Unrecht. Das große Ziel, für das die Verbündeten kämpfen, 
ist, daß die Völker Europas, kleine oder große, vollkommen frei sein sollen, ihr unab 
hängiges Dasein zu führen, ihre eigene Regierungssorm zu wählen und für ihre eigene 
nationale Entwicklung zu sorgen. Wir haben seit Kriegsbeginn das deutsche Ideal durch 
deutsche Gelehrte und Schriftsteller darlegen hören. Es besteht darin, daß die Deutschen 
ein Uebervolk sind und das Recht haben, mit allen Mitteln die Macht an sich zu reißen, 
während Widerstand gegen sie unberechtigt ist. Die Deutschen haben über die Völker 
des Festlandes ihre Herrschaft ausdehnen wollen, die für diese Völker keine Freiheit ent 
halten hätte, sondern Untertänigkeit unter Deutschland. Ich würde lieber sterben oder
	        
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