Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

294 Der Krieg in den deutschen Schutzgebieten im zweiten Kriegshalbjahr 
Erfolg. Denn als unsere ersten Granaten in die feindlichen Lager einschlugen und dort 
eine unbeschreibliche Verwirrung hervorriefen, fuhren aus ihnen zwei Züge ab und 
kamen auch über die Sprengstelle fort, ehe unsere Artillerie sie wesentlich beschädigen konnte. 
Unsere Flügelkompanie arbeitete sich unterdessen mit Erfolg an das westliche feind 
liche Lager heran, trotz des heftigen Maschinengewehrfeuers, gegen das die Milch 
büsche (eine Art Wolfsmilchgewächs) auf der sonst ganz ebenen Sandfläche die einzige, 
nur sehr unzureichende Deckung boten. Auch unsere Artillerie kam jetzt auf etwa 3000 
Meter heran. Die Zeltlager brannten lichterloh, und wir konnten deutlich sehen, wie 
aus dem Schrappnellhagel dauernd Tote und Verwundete zurückgeschleppt wurden. Nach 
dreistündigem Gefecht schien das vor uns liegende Lager, dem wir uns auf etwa 100 
Meter genähert hatten, sturmreif, unsere westliche Gruppe hatte den Bahndamm er 
kämpft, und wir erwarteten den Befehl zum Sturm. Dieser erfolgte aber nicht, denn, 
wie wir später erfuhren, rückten von allen Seiten Verstärkungen für den Feind heran. 
Wir selbst wurden durch eine über Arandis heranrückende Kolonne, die drei Panzer 
automobile bei sich hatte, im Rücken bedroht. Als dann der Feind noch schwere Ge 
schütze in Stellung bringen konnte und das Anrücken einer neuen starken Kolonne vom 
Khan her mit zehn Panzerautomobilen gemeldet wurde, mußten wir das Gefecht ab 
brechen. Die Vollendung unseres siegreichen Angriffs, die Erstürmung der Lager, wurde 
uns so durch die uns mit Einkreisung bedrohenden feindlichen Massen unmöglich gemacht. 
Wir hatten insgesamt 50 Tote und Verwundete. Außer einigen Verwundeten fiel nie 
mand in Feindeshand; auch kein Geschütz oder Maschinengewehr wurde verloren. 
Der Rückzug zu den etwa 17» Kilometer hinter unserer Front befindlichen Pferden 
war das Schwerste am ganzen Tage. Ueber die keinen Schutz bietende glühende Sand 
fläche müßen wir langsam auf dem Bauche kriechend zurück. Die Kugeln aus den feind 
lichen Maschinengewehren, deren immer mehr in Stellung gebracht waren, pfiffen dicht 
über uns hin wie Hagelschlag. Die Haltung unserer Leute war auch bei diesem 
schwierigen Rückzüge, der in voller Ordnung vor sich ging, hervorragend. Als wir 
unsere Pferde hatten, waren wir bald aus dem Gewehrfeuer heraus. Eine Zeit 
lang bekamen wir dann noch Granatfeuer, Gott sei Dank buddelten sich die Brummer 
aber meist in die Erde und krepierten nicht. Der Feind verfolgte trotz seiner großen, 
zahlenmäßigen Ueberlegenheit nicht, was wohl auf seine großen Menschen- und Material 
verluste zurückzuführen war. Wir hatten das Gefühl, wenn auch keinen großen Sieg, 
so doch einen schönen Erfolg davongetragen und dem Feind schweren Schaden zugefügt 
zu haben. Diese Stimmung kam auch bei den Truppen zum Ausdruck, die auf dem 
Rückmarsch das alte deutsche Trutzlied „Ein' feste Burg ist unser Gott" sangen, dessen 
Klänge feierlich über die südwestasrikanische Steppe dahinschallte." 
„Nachdem", nach dem zusammenfassenden Bericht des Kommandos der deutschen 
Schutztruppen, „durch den mißglückten Vorstoß auf Trekkoppje und nach Ueberrumpelung 
einer Kompanie in Otjimbingwe ein großer Teil der Bahn Swakopmund—Windhuk 
in feindlichem Besitz war und der Feind von Süden her übermächtig nachdrängte, wurde 
Windhuk geräumt und am 12. Mai 1915 vom Feinde besetzt. Die Hauptmacht der Truppe 
ging längs der Otawibahn in das Kalkfeld beim Waterberg zurück, woselbst Mitte Mai 
auch die Nachhut des Hauptmanns a. D. v. Kleist und die Abteilungen Gras v. Saurma- 
Jeltsch und Hensel sich einfanden. 
Als der an Zahl jetzt mindestens zehnfach überlegene Gegner nicht nur immer weiter 
nach Norden nachdrängte, sondern auch über Outjo ausbiegend die deutsche Truppe bereits 
überflügelt hatte, ging sie in die Gegend von Otawi und später nach Korab zurück. 
Die Depots und Lazarette waren bereits im Laufe des Aprils nach Norden verlegt und 
in Tsumeb-Namutoni und Grootsontein stationiert worden. Anfang Juli war es noch
	        
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