Deutsch-Südwestafrika
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rückgegangenen Verteidiger doch dabei noch gelungen zu sein, auch Gefangene zu machen.
Die Reste der Abteilung Wehle wurden nun mit der schleunigst nach Kubas vor
gezogenen Abteilung Ritter, unter Führung des letztern, vereinigt und auch die Abtei
lung des Majors Bauszus von Aus Anfang April herangezogen. Mitbestimmend für
die Aufgabe von Aus war der Umstand, daß starke feindliche Abteilungen mit „Hun
derten von Kraftwagen" — die deutschen Schutztruppen verfügten im ganzen über vier
Autos! — im südöstlichen Teil des Schutzgebiets und auch von Süden her vorgingen,
so daß die Grenzschutzabteilungen der Hauptleute Medding und Schoepffer und die des
Oberleutnants Frhr. v. Hadeln dem Drucke weichen mußten, wodurch die Truppen in
Aus Gefahr liefen, abgeschnitten zu werden. Auch Keetmanshoop wurde geräumt.
Den Befehl über die Nachhut der nach Norden abziehenden Südtruppen übernahm
Hauptmann a. D. v. Kleist. Bei Kabus nördlich Keetmanshoop und bei Gibeon hatte
diese Nachhut in der zweiten Aprilhälfte 1915 dann noch gegen weit überlegene Kräfte
die bereits erwähnten (vgl. S. 291) Gefechte zu bestehen, von denen das bei Gibeon für die
deutschen besonders verlustreich war. Indes gingen kein Geschütz oder Maschinengewehr
verloren. Bon ungünstigem Einfluß auf den Verlauf dieses Rückzugs war, daß im
April auch die etwa in der Mitte des Schutzgebiets wohnenden 400 bis 500 Gewehre
starken Rehobother Bastards, wohl von Agenten aufgewiegelt, sich erhoben. Es gelang
jedoch, die Aufständischen durch die gegen sie entsandten Abteilungen unter Major Gras
v. Saurma-Jeltsch und Hauptmann Hensel in Schach zu halten.
Wie bereits erwähnt (S. 292) sollen die Streitkräfte Bothas am 2. Mai Otjimbingwe
erreicht haben. Das Gefecht bei Pforte und Riet fand am 20. März statt. Mithin
haben die Bothaschen Truppen für die rund 90 Kilometer betragende Strecke bis Ot
jimbingwe 43 Tage gebraucht. Daraus ist zu entnehmen, daß deutscherseits ihrem Vor
dringen weiterer Widerstand geleistet worden ist, oder — die Schäden der Unions
truppen in den Treffen von Pforte und Riet stärker waren, als „Reuter" berichtet.
Gegen Ende April 1915 scheinen auch die an der Bahn Swakopmund —Oma-
ruru vorrückenden südafrikanischen Streitkräfte mit einer Abteilung der Schutztruppe
zusammengestoßen zu sein. Nach Reuter soll es diesen, bis zur Station Trekkoppjes
gelangten Streitkräften gelungen sein, dort den Angriff einer 700 Mann und zwölf Ge
schütze starken deutschen Abteilung abzuweisen.
Einen ausführlichen Bericht eines deutschen Mitkämpfers über das Gefecht an den
Trekkoppjebergen hat die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" am 5. Dezember 1915
veröffentlicht. Es heißt darin: „Nachdem sich am 24. April 1915 fünf Kompanien mit
zwei Batterien in unserem Lager bei Kilometer 124 (der Bahn Swakopmund—Karibik)
unter dem Befehl des Majors Ritter versammelt hatten, rückten wir am Abend des
25. April ab. Es galt, den Feind an der Bauspitze der von den Engländern wieder
hergestellten Bahn bei Kilometer 80 anzugreifen. Nach einem Anmarsch von 60 Kilo
metern erreichten wir gegen 3 Uhr morgens über Eboni und Karub unseren Sammel
punkt an den Trekkoppjebergen, in gleicher Höhe mit zwei feindlichen Lagern an der
Bahn. Kurz nach 4 Uhr ertönten mehrere starke Detonationen, eine unserer Patrouillen
hatte im Rücken der Engländer die Bahn bei Kilometer 74 gesprengt.
Nun rückten wir vor, unsere Feldgeschütze gingen etwa sechs Kilometer von den feind
lichen Lagern entfernt in Stellung. Der Feind schien bis dahin von unserem Anmarsch
noch nichts entdeckt zu haben. Als es hell wurde, verrieten uns aber die unvermeidlichen
Staubwolken, und bald war das Gefecht in vollem Gange. Ich befand mich bei der
am weitesten nach Westen vorgeschobenen Flügelkompanie. Von hier aus konnten wir
beobachten, wie der Feind eifrigst an der Wiederherstellung der gesprengten Bahnstrecke
arbeitete, und zwar, wie wir bald darauf zu unserem Leidwesen sehen mußten, mit