Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

236 Serbien, Montenegro und Albanien während des zweiten Kriegshalbjahres 
Friedensgerüchte 
Die militärische Untätigkeit Serbiens, auch nach dem Eintreten Italiens in den Krieg 
und die offensichtliche Verstimmung aller Serben gegen ihre Verbündeten, gaben zu 
Gerüchten Veranlassung, nach denen kurz vor der italienischen Kriegserklärung Oester 
reich-Ungarn direkt in Nisch, und Deutschland im Namen Oesterreich-Ungarns durch 
Vermittlung des Unterchefs des griechischen Generalstabs, Oberstleutnant Metaxas, beim 
serbischen Gesandten in Athen Vorschläge für einen Separatfrieden gemacht haben. 
Demgegenüber erklärte der serbische Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen, 
Pasitsch, dem Spezialberichterstatter des „Temps" Ansang Juli 1915: „Offiziell sind 
keinerlei Schritte wegen eines Separatfriedens getan worden. Gewisse Politiker, die das 
Vertrauen der Zentralmächte zu besitzen vorgeben, haben es unternommen, die Meinung 
Serbiens darüber zu sondieren. Aber die Regierung Serbiens ist entschlossen, die Be 
dingungen der Allianz loyal zu erfüllen und ohne Wissen der Verbündeten keinerlei 
Schritte zu tun. Unser Schicksal ist eng verknüpft mit demjenigen der verbündeten 
Mächte, die für die Sache und für die Unabhängigkeit der Völker kämpfen." 
Auch das Wiener „Fremdenblatt" hat, von zuständiger Seite dazu ermächtigt, am 
4. Juli 1915 erklärt, „Oesterreich-Ungarn habe während der ganzen Dauer des Kriegs 
niemals und niemandem, also auch nicht Serbien, Friedensangebote gemacht." 
Nachrichten über Montenegro 
Die wenigen zuverlässigen Nachrichten über die innerpolitischen Verhältnisse Monte 
negros wurden bereits aus den Seiten 231 und 232 zusammengefaßt. Hier sei nur noch 
erwähnt, daß der Ministerpräsident General Wukowitsch, der gleichzeitig das Amt des 
Kriegsministers bekleidete, wie der „Temps" aus Cetinje am 27. Juli 1915 erfuhr, dieses 
Amt niederlegte. An seine Sielle als Kriegsminister trat General Boowitsch. Da 
Wukowitsch aus längere Zeit verreisen mußte, übernahm der Finanzminister Popowitsch 
interimistisch das Präsidium im Ministerrate. 
Die Ereignisse in Albanien und der serbisch 
montenegrinische Einfall 
In Albanien herrschte seit der Abreise des Prinzen Wilhelm von Wied, der sein 
Amt als Fürst am 7. März 1914 angetreten, aber bereits am 3. September 1914 wieder 
ausgegeben hatte, völlige Anarchie. Die „Kontrollkommission" übernahm zunächst die Re 
gierung, dann der albanische Senat, der Mustafa Bei zum Präsidenten wählte; die Er 
nennung eines Sohnes des Sultans Abdul Hamid, des Prinzen Burhan Eddin, zum 
Fürsten von Albanien wurde geplant. Inzwischen war Effad Pascha am 4. Oktober 1914 
nach Durazzo zurückgekehrt und ließ sich zum Präsidenten der Regierung und Ober 
befehlshaber ernennen, während die Italiener, „um die sanitären Verhältnisse zu bessern", 
am 19. Oktober 1914 Valona und am 30. Oktober die Insel Saseno, die Griechen die 
bisher als das „autonome Epirus" bezeichneten Gebiete Südalbaniens besetzten. Als 
dann Mitte November 1914 die Türkei in den Krieg eintrat (vgl. IV, S. 193) kam Essad 
Pascha, der nicht aufhörte nach der Herrschaft über Albanien zu streben, der ihm von 
Konstantinopel zugegangenen Aufforderung im Hinblick auf die Verkündigung des Heiligen 
Krieges seinen Pflichten als Mohammedaner und türkischer Offizier zu entsprechen, nicht 
nach, während die Grenzstämme des neuserbischen Gebietes Ende November 1914 ein 
Manifest erließen, das von mehreren Stammeshäuptern, so von Prenk Bib Doda und
	        
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