Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

220 Rußland während des zweiten Kriegshalbjahres 
übernehme. Doch scheint das rasch geregelt worden zu sein. Schon Ansang Juni 1915 
wurde auS New Jork berichtet, daß die Westinghouse Electric-Company mit Rußland 
wieder direkt einen Vertrag über die Lieferung von zwei Millionen Gewehre für 55 Mil 
lionen Dollar abgeschlossen habe; mehrere andere Abschlüsse folgten. 
Die Beziehungen Rußlands zu Japan 
Nach Meldungen des in Port Arthur erscheinenden japanischen Blattes „Pioto 
Schimpo" haben sich, wie der Berichterstatter der „Nowoje Wremja" unterm 27. Fe 
bruar aus Mukden mitteilt, in der Mandschurei und in Wladiwostok bis Ende Februar 
1500 Japaner einschreiben lasten, die im April 1915 als Freiwillige in das russische 
Heer eintraten. Da in der Mandschurei und besonders in Wladiwostok Tausende von 
Japanern leben, die sich während des Krieges in ihren wirtschaftlichen Verhältnissen ver 
schlechterten und deshalb im russischen Heere unterzukommen versuchten, ist dieser Tat 
sache kaum symptomatische Bedeutung beizumessen. Dagegen hat Japan Rußland schon 
bald nach Ausbruch des Krieges reichlichst mit Lieferungen zu unterstützen begonnen. 
Wie der ständige Mitarbeiter der „Weltkorrespondenz" aus Peking am 4. April 1915 
schrieb, tauchte bereits Ende August 1914 in Tokio eine russische Militärkommisfion unter 
Führung des Generals Germonius auf, um in Japan Kriegsmaterialien aller Art auf 
zukaufen oder in Auftrag zu geben. Die Abschlüffe, die von General Germonius und seiner 
Kommission in Japan gemacht wurden, beliefen sich zunächst auf etwa 80 Millionen Pen. 
Zu liefern waren Reis, Fischkonserven, Fleischkonserven, dann aber auch Stiesel, Militär 
tuch, Unterzeug, Strümpfe und nur zum geringsten Teil Waffen und Munition. Bis zum 
31. Dezember 1914 wurden Waren im Betrage von 50 Millionen Jen an Rußland abge 
liefert. Die russische Kommission, die ursprünglich nur vier Wochen in Japan bleiben wollte, 
war noch im März 1915 in Tokio und hat auch weiter hauptsächlich Kommissionsgeschäfte 
abgeschloffen, die von der japanischen Preffe auf etwa 400 Millionen Jen beziffert werden. 
Die Lieferanten für die Erfüllung der Aufträge saßen in Rangoon, Kalkutta, Batavia, Sai 
gon für Reis, in Manila und Batavia für Zucker, in Amerika für reine Kriegsmaterialien, 
für die ein eigener Transportverkehr zwischen San Francisco, Seattle und Wladiwostok 
mit japanischen Transportdampfern eingerichtet wurde. So ist Japan immer mehr nur 
das Umschlagsland für das Geschäft mit Rußland geworden. Einige Kriegserforder- 
niffe Rußlands konnte Japan allerdings auch aus eigenen Erzeugnissen decken. So 
Schuhzeug und Uniformen — Mitte April 1915 erhielten japanische Tuchfabriken einen 
Auftrag von 2,5 Millionen an Militärtuch, ablieferbär bis Ende August 1915 —, 
Fisch- und Fleischkonserven, teilweise auch Geschütze und Gewehre sowie Munition, so 
Mitte April etwa 12000 Gasbomben. Dabei ist es interessant, daß Rußland die von 
Japan im Russisch-japanischen Krieg erbeuteten Geschütze und Gewehre zurückgekauft 
hat. Da jedoch die ganze Beute, Port Arthur und Mukdm eingeschloffen, sich 
nur aus etwas über 1000 Geschütze belief und viele davon von den Russen voll 
ständig unbrauchbar gemacht worden waren, kann es sich im Höchstfall nur um etwa 500 
bis 600 Geschütze gehandelt haben. Zur Herstellung neuer russischer Geschütze find 
Japans Werkstätten nicht eingerichtet, daher mußten den schweren, von Oberst Ogata 
erfundenen und zum Transport in vier Teile zerlegbaren Geschützen, die Anfang Mai 
1915 nach der russischen Front abgeschickt wurden, außer der Munition auch 29 japa 
nische Offiziere zur Ausbildung der nötigen Bedienungsmannschaften beigegeben werden. 
Auch japanische Muratagewehre sind von Rußland angekauft worden; mit ihnen wurden 
die russischen Wachen an der mandschurischen Bahn, in Wladiwostok und in Sibirien 
ausgerüstet, sehr zum Leidwesen der ausbildenden Unteroffiziere, die selbst mit der 
unbekannten Waffe nicht umzugehen wußten.
	        
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