Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Vom Luftkampf an der Westfront 
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geholt und nach einem sicheren Teil des Schlosses gebracht würde. Sie gab Befehl, 
daß sich alle in Sicherheit bringen sollten. Sie selbst begab sich, um nach den Vor 
schriften über das Verhalten der Bevölkerung während eines Luftangriffes mit gutem 
Beispiel voranzugehen, mit der alten Großherzogin in die geschützten Gewölbe der 
Kellerwohnung, wo die hohen Personen sich aufhielten, bis alles vorüber war. Wie 
sehr die Königin dem Angriff ausgesetzt war, geht aus dem Umstand hervor, daß sämt 
liche Fensterscheiben in dem Gemach der Königin entzweisprangen, ein großer Bomben 
splitter in den Raum oberhalb der Wohnung der Königin eindrang und in dem Dach 
über dem Zimmer einer Hofdame der Königin stecken blieb." 
Nachdem Herr Torelius dann noch die Wirkung der aus das Palais des Prinzen Max 
abgeworfenen Bomben geschildert hat, die das badische Fürstenhaus beinahe seines ein 
zigen männlichen Erben beraubt hätten, schließt er: „Zu beachten ist auch der Umstand, 
daß gar kein Feuer infolge des Bombardements entstand. Man hatte es sicher nur mit 
Bomben zu tun, die mit Lyddit gefüllt waren, die nur töten, aber kein Feuer ver 
ursachen, welch letzteres doch hätte der Fall sein müssen, wenn militärische Einrichtungen, 
Gebäude und Plätze als Ziel für den Angriff ausersehen gewesen wären." 
* * * 
Am 18. Juni 1915, einem wundervollen Sommermorgen, fand die gemeinsame Bestattung 
von 21 Opfern des Fliegerangriffs auf einem vorbehaltenen Teil des neuen Friedhofs 
zu Karlsruhe statt. Die Leidtragenden waren von der Stadt eingeladen worden, ebenso 
die sonstigen an der Feier Beteiligten, wozu die höheren Behörden gehörten, auch sämt 
liche Minister und hohen Militärs. Am ergreifendsten war aber die Beteiligung der 
Großherzogin Luise mit der Königin Viktoria von Schweden, sowie der regierenden 
Großherzogin und der Prinzessin Max. Die fürstlichen Damen wohnten der IV2 Stunden 
währenden Feier in der Sonne stehend bei, auch Großherzogin Luise, die 76 Jahre alt 
ist. Der evangelische, der katholische und der altkatholische Geistliche hielten nacheinander 
Ansprachen, die das Thema behandelten: „Gottes Wille geschehe." Musik und Gesang 
umrahmten die erhebende Feier, durch die die Ruchlosigkeit des Fliegermords noch stärker 
in das allgemeine Bewußtsein trat. 
Als die Königin Viktoria aus der Rückreise nach Schweden am 28. Juni in Berlin 
sich aufhielt, wurde ihr angesichts der glücklichen Errettung aus der Gefahr des Flieger 
angriffs eine eindrucksvolle Huldigung dargebracht. Studenten und Studentinnen der 
Universität veranstalteten einen Fackelzug, dem sich Hunderte von Bürgern mit ihren 
Frauen anschlossen. 
28. Juni 1915. 
Der französische Flieger Gilb ert, der als Unterleutnant dem Fluggeschwader der Festung 
Belfort angehört, mußte nach Mitteilungen der „Frankfurter Zeitung" auf Schweizer 
Gebiet landen, weil sein Benzinbehälter von einem Posten des deutschen Grenzgebiets 
angeschossen war. Tie Landung erfolgte zwischen Rheinselden und Möhlin. Die Schweizer 
Militärbehörden waren sofort in Automobilen zur Stelle. Der Apparat wurde beschlag 
nahmt und Gilbert dem Platzkommando in Basel zugeführt; er bleibt bis zum Ende 
des Krieges in der Schweiz interniert. 
29. Juni 1915. 
Meldung des württembergischen Kriegsministeriums: Am Sonntag 
den 27. Juni etwa 10.30 Uhr vormittags näherte sich ein französischer Doppeldecker 
von Konstanz her Friedrichs Hafen. Schon beim Anflug von Artillerie heftig beschossen, 
setzte er den Flug nicht bis über Friedrichshafen fort, sondern machte eine Schleife 
über dem Seeufer westlich der Stadt, wobei er drei Bomben, die keinerlei Schaden an 
richteten, abwarf. Eine Bombe fiel in den See bei Manzell, die anderen in das Ge-
	        
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