Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

116 Die Ereignisse an der Ostfront nach der Wiedereroberung von Przemysl 
stab vom linken Flügel die Fernsprechmeldung: Die feindliche Stellung ist genommen, 
und kaum war der Apparat frei, so traf vom rechten Flügel dieselbe Nachricht ein. 
Wenig später — und ebenfalls aus eigenem Antriebe heraus — stürmte die Nachbar 
diviston, die aus jungen, erst während des Krieges eingestellten Mannschaften zusammen 
gesetzt ist, in glänzendem Anlauf die Bastion bei Klonowo. Die Wirkung dieses ersten 
Durchbruchs durch die russische Hauptstellung pflanzte sich im Laufe des Nachmittags 
und der Nacht über die ganze Front hin fort. Neue Kräfte wurden in die Bresche 
geworfen und halfen sie erweitern. Zwar leistete der Feind an vielen Stellen noch hart 
näckigen Widerstand, aber den Ansturm von vorne und den Druck auf die Flanke konnte 
er schließlich nirgends aushalten. Ein nicht ungeschickter Versuch, die zuerst durch 
gebrochenen deutschen Truppen durch Besetzung einer Seitenstellung zu bannen, wurde 
von diesen durch einen neuen, scharfen Anlauf vereitelt. Noch weniger konnte der Todes 
ritt einer russischen Kavalleriebrigade, die südöstlich der bereits gefallenen starken Opino- 
gura-Stellung unsere Infanterie attackierte, irgendeinen Erfolg versprechen; Kosaken und 
Husaren wurden im Nu niedergemacht. Auch einzelne rückwärtige Zwischenstellungen 
des Feindes fielen bald unter den Stößen unserer siegessroh vorwärtseilenden Truppen, 
die erst vor der befestigten Narew-Linie haltmachten. Ueberraschend schnell und voll 
kommen war erreicht worden, was man von dem Durchbruch nur irgend erwarten konnte. 
In einer Breite von etwa 120 Kilometern sind unsere Truppen um 40 bis 50 Kilometer 
weiter in Feindesland eingedrungen, haben ein reiches und schönes Stück russischen Bodens 
besetzt und Zehntausende von Gefangenen sowie viel Kriegsmaterial erbeutet. Bis 
Ciechanow fahren bereits seit dem 18. Juli deutsche Züge durch. An dem schönen Er 
folge haben naturgemäß auch die Truppenteile, die zur Seite der mittleren Stoßkolonnen 
vorgingen, ihren erheblichen Anteil. So war das konzentrische Vorrücken beiderseits der 
Eisenbahn Mlawa—Ciechanow, das zum Aufrollen der feindlichen Stellungen bis nach 
Plonsk hinunterführte, eine vorzügliche Leistung. Auf dem linken Flügel wurde nicht 
minder tapfer gekämpft und drauflosgegangen. Die Aufmerksamkeit auch späterer Zeiten 
wird aber doch in erster Linie sich auf das Mittel- und Hauptstück dieser groß- und 
eigenartig von General v. Gallwitz angelegten Offensive richten: auf die Zange von 
Prasznysz und den Rammstoß von Zielona. 
Der Angriff gegen die Nordwestfront des westrusstfchen Festungssystems 
Von Mitte Juli bis lO.August 1915 
Gegen Kowno, den stark befestigten nördlichen Stützpunkt des gesamten westrussischen 
Festungssystems, war die Armee Eichhorn Mitte Juli 1915 vorgedrungen, hatte west 
lich das nähere Vorgelände innerhalb des weiten Bogens, den der Njemen von Preny 
bis Sapiezyszki beschreibt, besetzt und nördlich durch den Vormarsch über die Niewiaza 
bis an die Wilia die Verbindungen Kownos mit Wilna bedroht. Obwohl die Säube 
rung der in den Sumpfstrecken und Waldungen weit vorgeschobenen Stellungen bereits 
Ende März bis Mitte Juli 1915 vorgenommen wurde und die Festung selbst von dem 
mit der Belagerung beauftragten Armeekorps Litzmann der Armee Eichhorn noch vor 
dem 10. August beschossen werden konnte, werden doch alle diese Kampfhandlungen besser 
später, im Zusammenhang mit der am 18. August 1915 erfolgten Einnahme der Festung, 
bei der Darstellung der Ereignisse des dritten Kriegshalbjahres geschildert. 
Die Sperrgruppe Olita und Ossowiec, sowie die zwischen beiden gelegene Festung 
Grodno wurden zunächst von den in der Linie Simno—Sejny—Augustow—Grajewo 
stehenden Teilen der Armeen v. Eichhorn und v. Scholz nur beobachtet, in der Er 
wägung, daß diese Plätze für die Russen unhaltbar werden müßten, sobald die Festung 
Kowno gefallen und die Narewlinie von den deutschen Truppen genommen wäre.
	        
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