Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Die große Offensive nördlich der unteren Weichsel bis zum Fall von Warschau 105 
Acht Uhr abends traten wir den Marsch an und erreichten nach dreiviertel Stunden 
— es dunkelte bereits stark — in Gegend Sille die K--B., der wir unterstellt waren. 
Oberstleutnant von Wilms ordnete ihre Verbände und ging mit den Schützen an die 
Handpferde. Oberstleutnant Jahn erhielt den Befehl, mit den drei Eskadrons des 
Regiments, der Radfahrerkompagnie Jäger 1 unter Leutnant vom Heimburg und 
Batterie Sulzberger der Brigade vorauszugehen. Der Vormarsch verzögerte sich, da 
die Artillerie erst ihre Pferde tränken mußte, die den ganzen Tag über noch kein Wasser 
bekommen hatten. 
Kurz vor 10 Uhr abends wurde der Vormarsch angetreten. Etwa 1000 Meter 
voraus fuhr die Jägerkompagnie. Ihr folgte als Vortrupp Rittmeister Merz mit 
der ersten Eskadron, im Haupttrupp der Rest des Regiments mit der Batterie. Aus 
derselben Straße traf das Regiment das Detachement v. Hahnström, bestehend aus 
zwei Eskadrons, einem Geschütz, zwei Maschinengewehren und einer Funkerstation. Das 
Detachement hatte den Auftrag, die Bahnlinie zu zerstören. Es unterstand unmittel 
bar dem H. K. K. und war seit süns Tagen unterwegs. 
Schweigend ritten wir durch die Nacht. Jeder Nerv war gespannt. Nach vorn 
konnten wir ohne Bedenken sein, aber unsere Flanken waren bedroht, da es der Dunkel 
heit wegen unmöglich war, mit Seitensicherungen zu marschieren. Gegen halb 12 Uhr 
heftiges Gewehrfeuer vor uns! Ein Radfahrer kommt zurück: „Peterfeld von feind 
licher Kavallerie besetzt." Die Jäger haben den Feind schnell hinausgeworfen, der 500 
Meter südlich des Dorfes den Bahndamm besetzt hielt. Maschinengewehre sind bei ihm 
erkannt. Von seiner neuen Stellung aus nimmt der Feind Peterfeld unter Feuer. Er 
schießt zu hoch und die Geschosse schlagen aus unsere Marschstraße ein. Ein weiteres 
Vorgehen ist zu Pferde nicht angängig. Wir sitzen ab und gehen zu Fuß vor. Ohne 
Verluste wird Peterfeld erreicht, wohin auch schließlich ein Geschütz der Batterie vor 
gezogen wird. 
Das Detachement Hahnström war westlich ausgebogen und stand bei Urbi, so unsere 
rechte Flanke deckend. Der Bahnübergang wurde von dem Geschütz unter Feuer ge 
nommen. Gleichzeitig gingen rechts der Straße die Schützen der ersten und dritten 
Eskadron, links die Jäger und die Schützen der zweiten Eskadron zum Angriff vor. 
Die Führung der Schützen war Rittmeister von Walther übertragen. Der Gegner, der 
anscheinend einen ernstlichen Angriff nicht erwartet hatte, zog sich auf Punte und die 
vorliegenden Waldstücke zurück. Die Unseren besetzten den Bahndamm. Inzwischen 
war auch das Detachement Hahnström wieder bei uns eingetroffen, das vom rechten 
Weg nach Alt-Abgulden in der Dunkelheit abgekommen war, und hielt nun mit der 
Spitze am Bahnübergang. 
Da — nahen nicht Lichter von Osten her? Ein Zug erscheint aus Richtung Mitau. 
Ihm wird ein warmer Empfang zugedacht. Er soll nur erst nahe genug herankommen! 
Aber der Lokomotivführer ist aus dem Posten. Er scheint etwas bemerkt zu haben und 
hält, um dann sofort mit voller Kraft zurückzufahren. Da entladet sich ein Höllenfeuer 
über den Zug. Hahnströms Geschütz und Maschinengewehre eröffnen ein mörderisches 
Feuer aus ihn, so daß unsere am Bahndamm liegenden Schützen schleunigst im Graben 
Deckung nahmen und aus diesem feuern müssen. Schwer getroffen gelingt es dem Zug 
doch, zu entkommen. Aber ganz erfolglos ist unser Unternehmen nicht gewesen. Im 
Triumph bringen unsere Leute eineri russischen Unteroffizier an, der einer Eisenbahn- 
. kompagnie angehört. Er war nach seiner eigenen Aussage vor Schreck aus dem offenen 
Wagen herausgefallen. Im übrigen schien er über seine Gefangennahme nicht beson 
ders betrübt zu sein. Er gab an, daß der Zug beabsichtigt habe, Stationseinrichtungen 
weiter westlich zu zerstören.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.