Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

70 Die Ereignisse an der Ostfront nach der Wiedereroberung von Przemysl 
erstürmt, worauf die Rüsten die große Holzbrücke hinter sich abbrannten. Aber die 
ostpreußischen Truppen, die den schwierigsten Teil der Aufgabe, die Erstürmung deS 
steilen Berghanges jenseits Zurawno, zu lösen hatten, ließen fich dadurch nicht auf 
halten. „Das Gelände, das der von Westen und Süden kommende Angreifer hier zu 
überwinden hatte, ist/ wie Richard Schott in seinen ausführlichen Berichten erzählt, „auf 
viele Kilometer weit vollkommen stach und ohne jegliche Deckung, während der Ver 
teidiger von steilen Höhen aus den unten liegenden Strom und die ganze hinter ihm 
liegende Ebene unter wirkungsvollstem Feuer halten kann; dazu kommt noch, daß der 
Dnjestr hier eine Schleife macht und daß mehrere Bergnasen dem Verteidiger die Mög- 
lichkeit bieten, den über die freie Ebene herankommenden Angreifer von beiden Seiten 
zu flankieren. In dreitägigem Ringen sind die Ostpreußen aller dieser Schwierigkeiten 
Herr geworden. Schritt für Schritt haben sie sich, nachdem der schwere Flußübergang 
mit Hilfe der wackeren Pioniere bewerkstelligt war, an den Berg herangearbeitet, um 
dann, oft auf allen Vieren kletternd, die steilen Wände zu nehmen, die in drei stark 
ausgebauten Linien übereinander auf das tapferste vom Gegner verteidigt wurden. 
Allerdings war das nur möglich, nachdem die Artillerie zuvor das ihrige getan hatte. 
Die gesamten Batterien der hier fechtenden Division, darunter mehrere schwere, waren 
auf ein Gebiet von 800 Metern vereinigt, das nun so lange mit Feuer überschüttet wurde, 
bis der Jnfanterieangriff nur noch stark erschütterte Linien vor sich finden konnte. Die 
Russen müssen hier ganz ungeheure Verluste gehabt haben. 
Während hier die Ostpreußen harte Arbeit zu verrichten hatten, waren nach links 
anschließend Teile der preußischen Garde von Zydaczow aus in östlicher Richtung vor 
gegangen und in Gegend von Chodorow hinter der nach Lemberg führenden Bahnstrecke 
auf eine ebenfalls sehr starke feindliche Stellung gestoßen. Der Dnjestr hat eine ganze 
Reihe in verhältnismäßig kurzen Abständen von einander fast parallel nach Norden 
laufender Nebenflüsse, die häufig zu Seenketten sich erweitern und den Russen die Ver 
teidigung der noch in ihrem Besitz befindlichen Teile Ostgaliziens außerordendlich er 
leichtern. Einer dieser Abschnitte mußte bei Chodorow in schweren Kämpfen genommen 
werden, bevor die Vereinigung mit den von Zurawno her vorgehenden Ostpreußen 
bewirkt werden konnte. Auch hier haben sich die Russen mit äußerster Zähigkeit verteidigt, 
wobei sie von der Natur in ungewöhnlich reichem Maße unterstützt wurden. Der Dnjestr 
macht hier nach Süden hin einen Bogen, der durch eine ganz flache Wiese ausgefüllt 
und an der Sehne im Norden durch steile Höhen abgeschlossen wird. Wie in einer 
Falle fitzt hier der Angreifer. Vorn die zum Teil mehrere Meter hoch glatt abgestochenen 
Lehmwände, über denen sich die feindlichen Schützen und Maschinengewehre in drei 
Staffeln in den Berg eingebaut hatten. Rechts und links von den nicht minder stark be 
setzten Höhen Flankenseuer. Und über die Höhen hinweg die Artillerie. Aber unsere 
prächtigen Preußen haben es doch geschafft. Freilich hatten unsere Geschütze, die schweren 
wie die leichten gut vorgearbeitet. Der ganze Berg ist gespickt mit Granatlöchern. Nur 
wenige von den sibirischen Schützen, die hier aufgestellt waren, mögen mit dem Leben 
davongekommen sein. Nachdem die Aufräumungskommandos seit Tagen an der Arbeit 
waren, lagen doch noch Hunderte von Russenleichen hinter den durch Erdwälle ver 
bundenen Prellsteinen der in mehrfachen Windungen steil ansteigenden Landstraße, die 
Lust kilometerweit mit unerträglichem Verwesungsgeruch erfüllend und große, schwarze 
Schwärme von Raben und Krähen anlockend, die aus der ganzen Welt zusammengekommen 
zu sein schienen, um Nachlese auf den Schlachtfeldern von Galizien zu halten. 
Im Laufe des 27. Juni 1915 war es so gelungen, das ganze westlich des Swirz 
liegende Gebiet in deutschen Besitz zu bringen, obwohl die Russen die natürlichen Vor 
teile dieses Hügelgeländes überall in geschicktester Weise durch Verteidigungsanlagen zu
	        
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