Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Völkerrechtsverletzungen der Alliierten 309 
zerstörte geflissentlich die in Bulair auf Gallipoli befindliche Grabstätte 
Suleiman Paschas, des ersten türkischen Fürsten, der die Dardanellen überschritten 
hat. Die Grabstätte, die Gegenstand nationaler Verehrung ist, war nicht zu militärischen 
Zwecken benutzt worden, und im angrenzenden Orte befanden sich keine Soldaten. Die 
Engländer haben durch dieses Vorgehen die Haager Konvention und die von der Türkei 
und England unterzeichnete Konvention verletzt, wonach Tempel und andere Heiligtümer 
während eines Krieges geachtet werden sollen. In dieser Hinsicht erinnern wir daran, 
daß während des Balkankrieges die Serben das Grab des Sultans Murad geschont haben. 
Wir protestieren gegen den englischen Anschlag auf das Grab Suleiman Paschas und 
unterbreiten diese Handlungsweise dem Urteil der zivilisierten Welt. 
Anfang August 1915 hat dann die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bekannt gegeben, 
daß die türkischen Militärbehörden mehrfach einwandfrei beobachtet haben, wie die feind 
lichen Streitkräfte vor den Dardanellen ihre Lazarettschiffe und das Rote Kreuz 
abzeichen mißbrauchten. So hat ein kleines Kriegsschiff einen größeren Lazarettdampfer 
dazu mißbraucht, um hinter seinem Schutz zu feuern; ferner sind Lazarettschiffe zu Truppen- 
und Materialtransporten, und ein Automobil mit dem Roten Kreuz zu Erknndungsfahrten 
an günstigen Stellen benutzt worden. Eine weitere Verletzung des Völkerrechts ließen 
sich feindliche Flieger zuschulden kommen, die am 11. Juli 1915 das Feldlazarett von 
Hauslar aus der Halbinsel Gallipoli, das als solches weithin erkennbar war, mit Bomben 
bewarfen, wodurch sechs Mann getötet und vier Mann verwundet wurden. Ebenso 
einwandfrei ist beobachtet worden, daß am 15. Juli 1915 bei Sedd-ül-Bahr feindliche 
Truppenausladungen aus Lazarettschiffen stattgefunden haben. 
Gegen dieses völkerrechtswidrige Vorgehen der feindlichen Streitkräfte vor den Dar 
danellen hat die türkische Regierung durch die amerikanische Botschaft Einspruch 
erhoben, was der englischen Regierung Veranlassung gab, ihrerseits zu erklären, 
daß die Türken ihre Lazarettschiffe im Marmarameer zu Truppentransporten benutzten, 
und daß die englischen Streitkräfte infolgedessen gezwungen seien, alle Transportdampfer, 
auch wenn sie den Roten Halbmond oder das Rote Kreuzabzeichen tragen, zu vernichten. 
Daß diese Behauptung der Engländer nicht den Tatsachen entspricht, geht schon daraus 
hervor, daß die Türken bei ihren Truppentransporten seit dem Erscheinen der Unter 
seeboote im Marmarameer den Seeweg nicht mehr benutzen. Truppenverladungen in 
Transportschiffen würden sicher zur Kenntnis der amerikanischen Botschaft in Konstantinopel 
gekommen sein, da sie ihrer Natur nach nicht verborgen bleiben können. Im übrigen 
hat sich die türkische Regierung bereit erklärt, zu gestatten, daß Mitglieder des amerika 
nischen Roten Kreuzes die Fahrten auf den türkischen Lazarettschiffen mitmachen. 
So ist es wohl erklärlich, wenn die Türken in Zukunst bei jedem Völkerrechtsbruch der 
Gegner ihrerseits zu den schärfsten Vergeltungsmaßregeln greifen." 
Daß die Türkei schon früher zu ernsten Gegenmaßregeln gezwungen war, geht aus 
einer Mitte Mai 1915 durch Vermittlung der amerikanischen Regierung veröffentlichten 
Kundgebung des britischen Auswärtigen Amtes hervor. Darnach habe sich die türkische 
Regierung am 2. Mai beklagt, daß die Verbündeten in Gallipoli und an andern nicht 
befestigten Orten Nichtkämpfer beschossen hätten und gedroht, aus Konstantinopel 
französische und englische Untertanen dorthin zu senden, um auch sie dieser Gefahr aus 
zusetzen. Obgleich Sir Edward Greq am 7. Mai geantwortet habe, daß die englische 
Regierung Enver Pascha und Said Halim Pascha, die Mitglieder des gegenwärtigen 
Kabinetts und die militärischen Behörden persönlich verantwortlich mache für die Tötung 
oder Verwundung von englischen oder französischen Untertanen, die nach den erwähnten 
Städten übergeführt werden könnten, habe die türkische Regierung dennoch 26 englische 
und 24 französische Untertanen nach Gallipoli hinübergebracht.
	        
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