Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

278 Der türkische Krieg von Ende Februar bis Anfang August 1915 
Der Walt hat natürlich die Vorschläge der Engländer kategorisch zurückgewiesen, 
worauf ste ohne einen weiteren Schuß abzufeuern abzogen. 
Der Brief des englischen Admirals, der am 27. März 1915 im „Tanin" veröffent 
licht wurde, machte begreifliches Aufsehen. Besonders übel wirkt die Stelle, wo der 
englische Belagerer den türkischen Statthalter, der als jungtürkischer Führer wohl 
bekannt ist, persönlich apostrophiert und unverschleiert zu bestechen sucht. Dies er 
hebt den Brief zu einem psychologischen Dokument von historischem Werte. Der Ueber- 
bringer dieses ominösen Brieses war der Engländer Deeds, der bis zum Kriegsbeginn 
Staatsrat im türkischen Ministerium des Innern war. Als der Mali ablehnte, forderte 
Deeds im Aufträge des Admirals nur noch, daß die Türkei Smyrna nicht mehr als 
Operationsbasis gebrauche, Smyrna solle sich zum neutralen Hafen erklären. 
Dazu schreibt der Spezialkorrespondent des „Berliner Tageblatts": „In Smyrna 
herrschte völlige Ordnung und Ruhe, die aber auch in den kritischen Tagen niemals 
gestört wurden. Am 9. März sah man nach übereinstimmenden Versicherungen von 
Behörden und Privatpersonen der englischen Drohung und dem Beginn des Bombar 
dements um so gelassener zu, als dies fast nur Ententekapital an Häusern und Liegen 
schaften zerstört hätte. Der Aufruf des Walt, die Stadt zu verlassen, hatte, wie mir 
dieser selbst erklärte, nur den Zweck, dem Feinde die ernste Absicht anzudeuten, daß die 
Stadt entschlossen verteidigt würde. Daher hatte der Aufruf keinerlei panikartige 
Wirkung. Nur wenige reisten ab. Der Versuch des englischen Admirals, die Stadt 
durch hundert Schüsse zu schrecken, stellt sich heute als ein ungeheurer Bluff dar, um 
dem damals vor dem Entschlüsse stehenden Griechenkönige Smyrna wie eine lockende 
Morgengabe zu zeigen. Die glatte Ablehnung jeglicher Forderung ist vor allem Pertew 
Pascha zu verdanken, einem Freund und Schüler des Marschalls von der Goltz; er hat 
die Verteidigung glänzend geleitet und durch das Feuer der Forts den Feind vier Tage 
von der sehr engen Einfahrt zurückgehalten, die durch Versandung eines größten Teiles 
des Buchteinganges verengt und somit von Natur schwer zu forcieren ist. Als er drei 
früher gekaperte englische Frachtschiffe an den Eingang führte, um ste zu versenken, wurde 
ihm bei einem die Arbeit durch die Engländer abgenommen, die das Schiff für ein tür 
kisches hielten und durch wohlgezielte Schüsse selbst zum Sinken brachten." 
Sir Richard Peirse ist in Jork 1860 geboren, wurde auf dem Schiff „Britannia" für die 
Marine ausgebildet und trat im Januar 1873 als Seekadett in die Kgl. Marine ein. 1881 wurde 
er Leutnant, nahm im nächsten Jahr an der Beschießung Alexandriens teil und machte den darauf 
folgenden ägyptischen Feldzug mit. Während des Südafrikanischen Krieges war er Kommandant 
der „Barraconta" und ist dann zum Kapitän befördert worden. 1909 wurde er zum Vizeadmiral 
ernannt und 1912 zum Chefkommandeur der ostindischen Station. 
8. April. 
Ein Teil der feindlichen Flotte versuchte gestern, nachdem ste etwa zwanzig Granaten 
gegen die Station Dragodina bei Enos abgefeuert hatte, in zwei Barken Soldaten 
an Land zu bringen. Unsere schwachen Küstenwache« genügten, um den Feind zu ver 
jagen. Die feindliche Flotte schoß, als sie sich zurückzog, noch einige Granaten gegen 
ein Haus ab, ohne Schaden anzurichten. 
10. April. 
Zwei feindliche Kreuzer haben 2 1 / 2 Stunden lang, jedoch mit Unterbrechungen, die 
Stadt Gaza an der Syrischen Küste beschossen und einen Teil der Hasenmole be 
schädigt. Die Stadt hat keinen Schaden genommen. 
16. April 1915. 
Wir finden, die zeitweilige zweck- und erfolglose Beschießung von Ortschaften durch 
Schiffe, die beständig an der syrischen Küste kreuzen, sei nicht wert, als Kriegs 
ereignis bezeichnet zu werden.
	        
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