Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

214 Die Ereignisse an der Westfront von Mai bis August 1915 
ein anderes „Zigarettenfabrik" genannt wird, ist selbst etymologisch nicht ableitbar. 
Andere Batterien stnd nach dem Namen des Dorfes bezeichnet, bei dem sie stehen. 
Man bekommt die verschiedensten Bilder zu sehen. Kriegerische und friedliche. Fran 
zösische Soldaten aller Waffengattungen laufen im Dorf und auf den Feldern herum. 
Automobile wirbeln in rasender Fahrt Staubsäulen auf, Meldereiter und Radfahrer 
eilen über Straßen, Wiesen, Gräben .... Artilleristen in der alten blauen Uniform, 
Infanteristen in ihren neuen graublaugrünen langen Schoßröcken. Selten steht man rote 
Hosen, einmal sah ich einen Zuaven mit kurzer goldbetreßter Jacke und weiten roten 
Hosen über das Feld laufen. ... 
Die Franzosen stnd äußerst fleißige Schanzarbeiter. Graben um Graben wird an 
gelegt, ausgebaut, befestigt. Schießt man am Tage darauf, wird nachts weiter gearbeitet. 
In ihren Mußestunden schlendern sie in der Dorsstraße umher und scherzen mit ihren 
Mädchen. Besonders einem kleinen Mädel hatten's die xious-pioas angetan. Dies 
kam jeden Nachmittag um eine bestimmte Zeit zu den Soldatenbaracken. Flog von Arm 
zu Arm und gaukelte wohl den armen Parisern Erinnerungen an die kleinen „Midi 
nettes" vor. 
Mitunter kann man sogar beobachten, daß auch der feindliche Schützengraben weib 
lichen Besuch bekommt. Zur Seite eines Soldaten sah ich eines Nachmittags eine Frau 
in blauem Kostüm, an dem man selbst die weißen Rüschen erkennen konnte. 
Das Scherenfernrohr ist ein gefährlich taktloses Ding ... An einem Tor glaubten 
sich die beiden unbemerkt . . . Zärtliche Umarmung . . . Ssss . . . krack . . . 
Eines schönen Nachmittags zog ein Trupp kleiner Jungen durch die Straße. Die 
Trikolore voran. In schnellem Schritt marschierten sie. Nach dem Takt der Marseillaise 
mochten sie „in den Kampf" (zur Verteidigung zerrissener Hosenböden) ziehen. 
Landleute arbeiten unbekümmert auf den Feldern. Sogar zwischen unserem ersten und 
zweiten Graben (in denen man jede Einzelheit des Lebens im Schützengraben erblickt) 
sah ich französische Bauern, die ihre Weinfelder mit Erlaubnis des Ortskommandanten 
bestellten. Nur zwischen den feindlichen Schützengräben wachsen die Pflanzen wild.... 
Wenn die Sonne untergeht, zittert rötlich-violettes Licht auf der Mosel. Die Weiden 
spiegeln sich im klaren Wasser, das scharf und funkelnd in dunklen Farben ihre Kon 
turen festhält. 
Ein Füchslein huscht über die Wiese, bleibt unter einem Strauch stehen . . . und 
späht vorsichtig nach Beute — als ginge es das ganze närrische Treiben ringsumher 
nichts an. . . . und ist doch närrisch und kraftvoll und ernst zugleich. 
Vous savez — nos journaux 
„Mein Quartier ist in einem Schloß," erzählt ein Kriegsteilnehmer in den „Mün 
chener Neuesten Nachrichten", „das nicht viel besser aussieht als die anderen Häuser 
des Dorfes. Nur der Turm verleiht der alten Kate schloßartiges Aussehen. Der Be 
sitzer ist mit seiner Familie kurz vor Ausbruch des Krieges abgereist. Sehr zu seinem 
Schaden. Die durchziehenden Truppen, die in den Zimmern ihr Nachtlager aufschlugen, 
verfuhren mit Möbeln und Sonstigem nicht allzu zart. Jetzt werden die Räume als 
Abteilungsgeschäftszimmer benutzt. Im Haus nebenan wohnt die Haushälterin, eine 
zänkische Alte, die sich um das Hauswesen wenig kümmert. Ihre Tochter hat sich in 
den ersten Tagen des Krieges verheiratet. Kriegstrauung. Der Mann fuhr noch den 
selben Tag in seine Garnison. Vor vierzehn Tagen gebar sie einen kleinen dicken 
Jungen. 
Als ich neulich ins Zimmer komme, sehe ich ein groteskes Bild. Auf dem Stuhl sitzt ein 
Fahrer von der Artillerie (Rheinländer) und hält auf seinem Arm das Kleine sorglich 
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