Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Die Kämpfe zwischen Maas und Mosel 213 
Abends war es stark dämmerig. Die Nacht wurde mit dem Transport der Toten 
und Verwundeten aus den eroberten Gräben ausgefüllt. Die meisten Todesopfer hatte 
wieder die Artillerie gefordert, Brust- und Kopfschüsse hatten die meisten getötet. Der 
Anblick der Leichenhaufen in den Franzosengräben war schauerlich. Arme, Beine und 
Kops lagen oft weit weg vom Rumpf. Wir beerdigten die französischen Toten, 
ihre Verwundeten wurden von uns mit aller Sorgfalt geborgen. Viele hundert Meter 
weit schleppten unsre Sanitätssoldaten die ächzenden verwundeten Franzosen durch die 
engen Gräben bis zu unsern Verbandplätzen. 
Kennen Sie den Dank der Franzosen? Sie hatten Deckung im Walde, am Morgen 
aber hockten sie oben in den Bäumen und schossen auf unsre Leute, die noch immer 
französische Verwundete wegschleppten." 
Episoden 
In einem Beobachtungsstand 
Wie es in einem Beobachtungsstand der deutschen schweren Artillerie im Priesterwald 
aussteht und was der Beobachter in den Schießpausen alles erblicken kann, davon er 
zählt ein kriegsfreiwilliger Student in der „Täglichen Rundschau": „Irgendwo auf einer 
Höhe liegt der Beobachtungsstand. In das Gestein ist in mühseliger Arbeit eine Höhle 
geschlagen, die „mit Komfort" und erlesenem Kulturgeschmack eingerichtet ist. Der Fuß 
boden gedielt, die Wände, an denen sich ein Sims von feinen Birkenästen entlang zieht, 
mit Wellpappe tapeziert. In der Ecke ein requirierter Ofen. Ein Tisch, ein Stuhl 
und — der Gipfel aller Bequemlichkeit — ein „Kanapö". Das heißt ein schreiner 
kundiger Soldat hat ein sargartiges Möbel hergestellt, in dem ein Pferdewoilach und 
darüber eine ebenfalls requirierte rote Steppdecke liegen. Drei Bilder aus der „Jugend" 
zeugen für den künstlerischen Geschmack des Hausherrn. Eine kleine Tür führt zum eigent 
lichen Beobachtungsstand. Ein Mann hat gerade Platz darin. Das Scherenfernrohr 
ist an der Bretterverschalung angeschraubt. Nur die Arme mit den scharfen Objektiv 
gläsern lugen ins feindliche Land. 
Gar wundersam mutet den Soldaten die schöne Landschaft an. Lerchen jubeln ihr 
sehnend Liebeslied. Im Hintergründe die Vogesen in mattblauen Dunst gehüllt. Das 
Moseltal mit seinen zartgrünen Weinseldern, Bäumen und Sträuchern.... Hat die 
frohe Hand eines jungen, aller Regeln spottenden Malers Farbenkleckse über die Felder 
gestreut? Mit zierlichen Tanzschritten gleitet die Mosel durchs Tal. An beiden Ufern 
liegt eine Stadt. Drei Kirchen erheben sich aus dem Häusergewirr. Die eine hat einen 
schönen gotischen Turm. Abseits auf einem Hügel verwittern die Ruinen eines Schlosses. 
Hinter der Stadt grasen ein paar hundert scheckige Rinder friedlich und ungestört.. .. 
Oestlich liegt ein kegelförmiger Berg, auf dessen abgeplatteter Spitze eine alte Kirche mit 
einer gewaltigen Statue der Jungfrau von Orleans und Burgruinen stehen. Daneben 
— weiter nach Osten — die viel umstrittene „kahle Höhe". 
Das Scherenfernrohr! Streng tappt es dem Beobachter an die Stirn und 
zeigt, daß das schöne Tal von französischen und deutschen Schützengräben zerzaust ist, 
in Hohlwegen und hinter zerschossenen Häusern Batteriestellungen sich befinden, feindliche 
Truppen ihre Unterkunft in den Dörfern haben. 
Schaut man durchs Scherenfernrohr, erblickt man ein einziges Netz von Schützen 
gräben, Drahtverhauen, Laufgräben ... 
Erkannte Ziele haben der Einfachheit halber Namen. In einem Hohlweg nahe dem 
christlichen Friedhof steht eine Batterie, kurzweg „der Christ" genannt. Die Batterie 
hinter der Häusergruppe am jüdischen Friedhof heißt „der Jude". Andere Ziele haben 
weniger erklärbare Namen. Warum ein alleinstehendes Bauernhaus „Schlachthaus",
	        
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