Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

100 Der italienische Krieg bis zur dritten Jsonzoschlacht 
Schon früher, am 27. Mai 1915, hatten die Italiener den Monte Sabotino ange 
griffen, der die Stadt Görz beherrscht, wurden aber zurückgeschlagen, wobei von dem 
benachbarten Monte Santo aus Geschütze steierischer Truppen mitwirkten. Auch ein 
zweiter Sturm, in der Nacht zum 7. Juni 1915, der gleichzeitig mit den Uebergangsversuchen 
über den Jsonzo eingeleitet wurde, mißlang. Die Italiener versuchten nunmehr, wie 
Leonhard Adelt in einem anschaulichen zusammenfassenden Bericht im „Berliner Tage 
blatt" erzählt, „Rauchmasken vor sich zu legen, indem sie Lucinico von drei Seiten an 
zündeten, aber der Abendwind, der sonst von Süden her nach Görz bläst, drehte sich und 
qualmte die Brandstifter an, die deshalb nicht unter dem Schutze des Rauches über den 
Fluß konnten. Als die Italiener endlich begriffen, daß sie auf diese Weise nichts er 
reichten, und selbst einzelne in die Stadt Görz fallende Granaten die Zuversicht der 
Bürgerschaft nicht beeinträchtigten, bereiteten sie den nächsten Angriff artilleristisch unter 
riesiger Munitionsverschwendung vor. Gegen dreihundert Geschütze richteten ihren 
Schlund nach den Höhen vor Görz. Trotzdem waren die Verluste nicht bedeutend. Fach 
leute rechneten mir vor, daß jede Verwundung unserer Mannschaften den Italienern 
sechstausend Lire koste. Die meisten Verletzungen entstanden durch Steinschlag. 
Als der Feind unsere Stellungen sturmreif wähnte, ging eine aus den Regimentern 
43 und 44 bestehende Brigade zum Sturm über und holte sich blutige Köpfe. An den 
folgenden Tagen bot sich dasselbe Bild dar. Die italienische Artillerie warf fünfzehn 
hundert bis zweitausend Granaten auf jeden Berg, worauf italienische Infanterie sich 
überzeugte, wie wenig dieses Bombardement die braven Dalmatiner erschüttert hatte. 
Bei einem dieser Sturmversuche warfen sich die Italiener, eine Division stark, in eine 
Zwischendeckung. Die K. u. K. Artillerie war darauf vorbereitet und bedachte die 
Zwischenstellung mit vielen Zentnern Stahl. Der Feind flutete unter Hinterlassung 
zahlreicher Toter zurück. Den Dalmatinern kostete dieser Tag nur fünf Tote. 
Am nächsten Tage, am 9. Juni, ordnete sich der Fei.nd zu einem neuen Angriff, der sich 
gegen Höhe 240 bei Podgora richtete. Wieder dröhnten seine dreihundert Geschütze. Die 
Berge bebten, die Herzen der Dalmatiner aber nicht. 1017 Granaten wurden an einer 
einzigen Stelle gezählt. Sie verwundeten zwei Mann schwer, drei leicht und töteten 
einen Mann. In der Nacht zum 10. Juni griff eine Brigade an. Wie überall an 
dieser Bergfront, gelangte sie jedoch in dem engen Raum nicht zur Entfaltung, so daß 
eigentlich nur die ersten vier Kompagnien des italienischen Regiments 2 in Aktion traten. 
Hinter dem Regiment 2 stand das Regiment 1, dahinter die Bersaglieribataillone. Aus 
der österreichisch-ungarischen Seite wehrte eine Kompagnie Landwehr unter Führung des 
Oberleutnants Holub den Angriff ab. Sie ließ den Feind bis an die Stacheldrahtverhaue 
herankommen und eröffnete dann ein mörderisches Schnellfeuer, während zugleich Oberst 
leutnant Körners Artillerie ihre Flügel beschoß. Von drei Schwarmlinien gehetzt, sprangen 
die überlebenden Italiener den Abhang hinab, gerieten aber in das Feuer ihrer eigenen 
Maschinengewehre, die den Rest dezimierten. Panikartig ging die ganze Brigade zurück. 
Ein Mitkämpfer gab mir angesichts des Schlachtfeldes nach seinem Tagebuch folgende 
Schilderung des Kampfes: „Nach einem Artillerieduell in der Nacht zum 10. Juni 
kamen Meldungen, daß sich der Feind bis aus Rufweite nähere. Bis halb zehn Uhr 
abends herrschte Stille. Dann ging ein Jndianergeheul los. Die Italiener schrien: 
„Avanti Savoia! Abasso Austria! Abasso Dalmatia! Evviva! und Coraggio ! Gleich 
zeitig knallten die Gewehre los, Handgranaten krepierten vor unseren Deckungen. Vier 
zehn Kugeln klatschten gegen den Scheinwerfer, den ich bediente, und verlöschten ihn. 
Als ich ihn wieder angezündet hatte und leuchtete, war das Gelände bedeckt mit jämmer 
lich um Hilfe schreienden Verwundeten; zehn Schritt von mir, mit dem Oberkörper 
über den Stacheldraht hängend, mit den Füßen in ihn verwickelt, verröchelte ein blut-
	        
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