Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

64 Der italienische Krieg bis zur dritten Jsonzoschlacht 
gebaute Haus, das in den gesprenkelten Farben der Felsen mimikryartig von den Soldaten 
bemalt worden war, wiedergab, und er? Ein Skizzenblatt, Größe 13 x 18 Zentimeter, 
mit den Umrissen des Hauses, Kreuz- und Querstriche, menschliche Figuren, wie sie der 
kleine Moritz macht, Pfeile und Inschriften: „Window, Gun, Bersaglieri, Trenches usw." 
Oben und unten verschiedene Inhaltsangaben der Tätigkeit der Leute. Als der Zeichner 
mein erstauntes Gesicht sah, zeigte er mir noch eine Menge ähnlicher Blätter und er 
klärte mir, daß diese Zettel nach England wandern, wo sie zu verschiedenen, oft doppel 
seitigen Bildern verarbeitet würden. Der Künstler dort hat dann anhand von Uniform 
büchern, Photographien usw. das schöne Werk zu vollenden. Jetzt begreife ich endlich 
die schönen „Helgen", aus denen Kavallerie über Stacheldraht springt und gleichzeitig 
von unten mit Maschinengewehren und von oben mit Haubitzen beschossen wird." 
Wackere Tiroler Schützen. 
Die „Tiroler Soldatenzeitung" berichtet über ein Heldenstücklein des jungen Jnnerkofler, 
eines Sohnes des heldenhaft gefallenen Bergführers Sepp Jnnerkofler. Ein Zug Tiroler 
Schützen befand sich auf einem Joche an der Südfront. Italienische Alpini gaben plötzlich 
Feuer auf die Tiroler aus einer sehr gut gewählten erhöhten Stellung. Die Lage der 
Unseren war nicht günstig, nur über Felswände und Klüfte führte ein Ausweg, und dieser 
war auch gleichzeitig der Weg gegen den Feind. Christian Jnnerkofler bot sich mit anderen 
Bergführern freiwillig an, den Feind aus seiner günstigen Stellung zu vertreiben. Sie 
begannen nun eine mehrstündige, an und für sich schon anstrengende und erschöpfende, 
gefährliche Kletterei, die aber den Erfolg hatte, daß die paar todesmutigen Bergführer 
den Feind aus einer Entfernung von etwa 500 Metern unerwartet beschießen konnten. 
Ihr Feuer war, wie bei Tiroler Schützen immer, wohlgezielt und sicher. Jnnerkofler 
hing mit seinen Begleitern in den Felsen vollständig ungesichert und ohne Deckung, aber 
fortwährend auf die überraschten Feinde feuernd. Die Bergführer verbrachten in dieser 
Lage mehrere Stunden und gaben Schuß für Schuß ab, bis von den Alpini nur mehr 
drei am Leben waren. Die Italiener erhielten aber Verstärkung, und die Lage ver 
schlimmerte sich wiederum für die Männer in den steilen Felsklüften. Jnnerkofler er 
kannte sofort den Ernst der Lage und unternahm einen kühnen Streich. Er kletterte 
unter dem heftigsten Feuer des welschen Feindes bis auf den Gipfel hinauf, wo er vor 
läufig gesichert war, dann schlich er sich so nah wie möglich an den Feind heran und 
eröffnete mit zwei Gefährten, die ihm nachgekommen waren, gut gedeckt aus ungefähr 
180 Schritte Entfernung ein so wirksames Feuer auf die Alpini, daß bis zum Einbrüche 
der Dunkelheit nur noch drei Schützen aus der italienischen Stellung antworteten. Jnner 
kofler und einer seiner Gefährten, Bergführer Rogger, wurden für ihr Heldenstück mit 
der großen silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. 
Von den Standschützen. 
Der Gendarmeriewachtmeister Reyer hatte im Geplänkel bei Casotto (vgl. S. 53), hart 
an der Reichsgrenze, auch einen italienischen Hauptmann gefangen. Ein Standschütze 
eskortiert den Hauptmann nach Trient. 
Der Italiener hat die Kompagniegelder bei sich. Irgendwo nahe der Grenze macht 
er einen letzten Versuch, die Freiheit wieder zu erlangen: er bietet dem Standschützen alles 
Geld an — der Tiroler soll ihn „unterwegs verlieren", ins Italienische überlaufen lassen. 
„Naa, naa, Mandel!" sagt der Tiroler, „hier bischt und hier bleibscht." Und brummt 
über jenen Befehl, der gebietet, die Gefangenen rücksichtsvoll zu behandeln. Soll der Befehl 
auch für Gefangene gelten, die einen zum Treubruch verleiten wollen? 
So erzählt der Kriegsberichterstatter der „Wiener Neuen Freien Presse".
	        
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