Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

Die italienischen Angriffe aus Tirol 
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den Italienern, die Hindernisse zu passieren und an unsere Stellungen in der Mitte 
heranzukommen, wo es zum Handgemenge kam. Am linken Flügel der Stellung bei 
den Geschützen sahen sich die Kanoniere gezwungen, mit der Handfeuerwaffe ihre Ge 
schütze im Handgemenge zu verteidigen. Der Einsatz einer kleinen Reserve an dieser 
Stelle zwang die Italiener zum Rückzüge, den sie nun an der ganzen Front fluchtartig 
antraten. Mehr als 250 feindliche Tote blieben vor unseren Stellungen zurück, ein 
Offizier und 32 Gefangene in unsern Händen. Die eigenen Verluste betrugen 20 Tote 
und 60 Verwundete. Die zurückfliehenden feindlichen Abteilungen wurden durch die 
gesamte Abschnittslinie mit Feuer verfolgt und arg hergenommen. Neue am Monte 
Piano aufsteigende feindliche Reserven wurden durch das Artillerieseuer zersprengt 
und somit jeder Versuch eines neuen Angriffes erstickt. An 21. Juli wurde die schon 
über drei Wochen unter den schwierigsten Verhältnissen kämpfende Besatzung abgelöst. 
Am 22. Juli früh wurde ein neuerlicher Angriff gegen den Monte Piano durch un 
gefähr ein Bataillon angesetzt. Die neue Besatzung ließ den Gegner aus 300 Schritt 
herankommen und empfing ihn dann mit einem wirksamen Feuer. Die Reserve ging 
vom linken Flügel aus zum Gegenangriff über, der die Italiener zum schleunigen Rück 
zug in ihre alten Stellungen veranlaßte. Eigene Verluste: ein Toter, 16 Verwundete 
und ein Vermißter. Die feindlichen Verluste waren sehr bedeutend, deren Zahl war 
infolge der noch vom Vortage liegen gebliebenen Toten nicht konstatierbar." 
König Victor Emanuel von Italien war am 19. Juli in Cortina eingetroffen, um 
persönlich dem großen Siege beizuwohnen, der sicher erwartet wurde. Still ist er nach 
der Niederlage abgereist. 
Wie furchtbar blutig und doch nutzlos die Angriffe der Italiener waren, geht mit 
erschreckender Deutlichkeit aus den Tagebuchauszeichnungen eines italienischen Haupt 
manns hervor, die sein betagter Vater, ein Mann, der in der italienischen Gelehrten 
welt einen klangvollen Namen besitzt und innerhalb vier Wochen fünf Söhne bei den 
Kämpfen in den Hochalpen verlor, einem Freunde nach Chiaffo brachte, und die dann 
in der „Grazer Tagespost" veröffentlicht worden sind. 
Der Hauptmann, der eine Alpinikompagnie führte, schreibt: „Befehl: Schluderbach 
anzugreifen. Unser Bataillon geht vor. Bei Kilometerstein 12 werden wir mit einem 
Hagel von Geschossen überschüttet. Meine Kompagnie ist dezimiert. Der Rest meiner 
Leute bittet mich, zurückzukehren. Es wäre sinnlos, vorzugehen. Ich sehe es selbst ein, 
sehe, daß die Abhänge des Monte Piano vom Feinde besetzt sind. Ja, wie ist das 
möglich? Dieser Teil des Berges ist italienisches Gebiet. Sechs Wochen vor Kriegs 
ausbruch war ich selber oben, hatte mich 20 Tage lang oben herumgetrieben, Bericht 
erstattet, daß die Oesterreicher von hier aus leicht angegriffen und geworfen werden 
könnten. Und jetzt? Wie sind die Feinde hinaufgekommen? Wie haben sie ihre schweren 
Geschütze dort auf italienischer Seite eingraben können? Ich habe keine Zeit zum Nach 
denken. Ehe ich mit mir ins reine komme, sehe ich mich mit meinem treuen Burschen 
allein. Der Rest meiner Kompagnie ist zurückgewichen. Und schon erreicht mich ein Ad 
jutant mit dem Befehl: Vorgehen bis nach Landro (Höhlenstein) um jeden Preis! Ich 
allein mit meinem Burschen? ... Am Abend Kriegsrat, böse Stimmung in den oberen 
Regionen. Drei Mann meiner Kompagnie sollen wegen Feigheit füsiliert werden. Ich 
rette sie mit dem Aufgebot meiner Lungenkraft. Seit zwei Wochen wird jeden Tag eine 
Füsilierung ausgesprochen, keine wahrgemacht. Der Geist der Truppen leidet. Dabei 
stellen unsere Alpini die Elite dar.... 
Zum Sturm aus den Monte Piano. Die Oesterreicher sollen herunter! Er soll unser 
Berg werden. „Es ist eine Schmach," sagte unser General, „daß der Feind uns diesen 
Berg nehmen durfte." Auch mein Bursche wurde mir von der Seite weggeschossen.
	        
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