Volltext: Der Völkerkrieg Band 5 (5 / 1916)

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Der italienische Krieg bis zur dritten Jsonzoschlacht 
Die patriotischen Kundgebungen erreichten am 25. Mai in einer vom Wiener Gemeinde 
rat veranstalteten Riesendemonstration an den Stufen des Radetzkydenkmals vor dem 
Kriegsministerium ihren Höhepunkt. Die Kundgebung, an der viele Tausende aus allen 
Berufsständen teilnahmen, verlief sehr würdig und zeigte, wie im zehnten Kriegsmonat 
Staat und Stadt angesichts des neuen Feindes aufrecht und entschlossen dastehen. Die 
Manifestanten begaben sich hierauf in geschlossenem Zuge unter den Klängen von Musik 
kapellen und unter Abstngung patriotischer Gesänge über die Ringstraße, wo sie von 
Zehntausenden des spalierbildenden Publikums mit begeisterten Zustimmungsrufen und 
aus den dichtbesetzten Fenstern der Häuser und Gasthöfe der Ringstraße mit Tücher- 
schwenken begrüßt wurden, zum Denkmal des Feldmarschalls Albrecht, wo die patrioti 
schen Kundgebungen sich erneuerten; darauf löste sich der Zug in Ruhe auf. 
Am 26. Mai empfing Kaiser Franz Josef den Bürgermeister Weißkirchner und den 
Vizebürgermeister in Audienz, die den Gefühlen hingebungsvoller Treue und nie ver 
sagenden Opfermuts der gesamten Wiener Bevölkerung Ausdruck gaben und über die 
Huldigung am Denkmal Radetzkys berichteten. 
Auch in Budapest fanden am Abend des 23. Mai und an den folgenden Tagen 
patriotische Kundgebungen statt. In einer außerordentlichen Sitzung der Budapester 
Stadtverwaltung am 26. Mai wurde auf Antrag des Bürgermeisters Barczy der Ent 
rüstung über den schmählichen Treubruch Italiens Ausdruck gegeben. Abends fand unter 
Teilnahme von Tausenden eine große Kundgebung statt, die zu begeisterten Ovationen 
vor dem deutschen und dem türkischen Konsulat führte. An der Spitze der Demonstranten 
marschierte eine auf der Durchreise nach dem Kriegsschauplatz in Budapest weilende Abteilung 
deutscher Soldaten, denen Bürgermeister Barczy und die Mitglieder des Magistrats folgten. 
Die Symbolische Großloge Ungarns veröffentlichte Ende Mai 1915 eine Erklärung, 
in der, anknüpfend an die Tatsache, daß amtliche Organe der italienischen Freimaurerei 
erklärten, daß sie den Krieg nicht nur mit Freuden begrüßen, sondern herbeigesehnt, ja 
sogar vorbereitet haben, mitgeteilt wird, es sei beschlossen worden, mit dem Großorient 
von Italien jede Gemeinschaft zu verleugnen und alle Verbindungen abzubrechen. Denn 
derjenige könne nicht als Freimaurer betrachtet werden, der an der Zerstörung des 
Glaubens, an der Heiligkeit des gegebenen Wortes und eines Vertrages mitwirkt, auf 
verräterische Art zum Treubruch gegen einen Bundesgenossen anspornt und über die 
Menschheit neue Blutopfer und Leiden bringt. 
In Vorarlberg, Tirol, Kärnten und Krain ist es bei den stürmischen Kund 
gebungen, die am Abend der Kriegserklärung bis in die späte Nacht hinein andauerten, 
nirgends zu Zwischenfällen gekommen; von keinem Ort wird auch nur die geringste Aus 
schreitung gegen die zahlreichen in Tirol lebenden Reichsitaliener gemeldet. Ruhig und 
im Bewußtsein seiner Kraft, im Vertrauen aus die Stärke der südlichen Grenze sah man 
in Tirol den kommenden Ereignissen entgegen. 
Ein Zeichen dafür, mit welcher Begeisterung Vorarlberger, Tiroler und Kärntner ihr 
Land verteidigen wollen, ist die große Zahl der Kriegsfreiwilligen. In Tirol 
und Vorarlberg hatten sich vom Pfingstsonntag bis 1. Juni 1915 über 12000 Kriegs 
freiwillige gemeldet, wovon etwa 1500 im Alter von 65 bis 70 Jahren stehen. Auch 
in Krain meldeten sich, wie aus Laibach berichtet wurde, bis Ansang Juni 1915 über 
30 000 Kriegsfreiwillige im Alter von mehr als 50 Jahren für den Feldzug gegen Italien. 
Die italienischen Landtagsabgeordneten Südtirols erschienen Anfang Juni 1915 beim 
Statthalter, um im Namen ihrer Wähler und, wie sie ausdrücklich betonten, der er 
drückenden Mehrheit der Bevölkerung Jtalienisch-Tirols der hingebenden Treue an den 
Kaiser, das Kaiserhaus und an die Monarchie Ausdruck zu verleihen.
	        
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