Die Landesverteidigung
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an die Hand genommen, damit „den Mannschaften eine geistige Nahrung geboten wird,
die geeignet ist, auf patriotischer Grundlage der bürgerlichen und militärischen Weiter
bildung zu dienen und die moralische Kriegstüchtigkeit der Truppen zu fördern.* Auch
einige Soldatenzeitschriften sorgen für geistige Nahrung.
Die Feldpost beförderte im ersten Mobilisationsjahr 42 703 000 Briefe und Karten,
25 992 000 Pakete, 3 960 000 Zeitungen und 682 000 Geldsendungen.
Nachdem anfangs März 1915 die 2. und 4. Division die sieben bis siebeneinhalb
Monate im Dienst gestandenen Truppen der 1., 3. und 5. Division abgelöst hatten, be
schloß der Bundesrat auf Ersuchen des Generals und auf Antrag des Militärdepartements
am 30. April 1915 auch die 6. Division, die Ende November gleichzeitig mit den Divi
sionen 2 und 4 entlassen worden war, auf den 10. Mai 1915 als Armeereserve aufs
neue aufzubieten. Auf Mitte Juni wurde dann die 1. und 3. Division zur Ablösung
der 2. und 4. wieder einberufen. Die Ablösungen gestalten sich nun so, daß jede Truppe
ungefähr nach einem Vierteljahr Grenzbesetzungsdienst durch eine andere ersetzt wird.
Bei der Inspektion der heimkehrenden Truppen wurden dem General allerorten, be
sonders in den welschen Städten, Ovationen dargebracht.
Vom Grenzschutz
Gegen Schmuggel und Spionage wird an allen schweizerischen Grenzen aufs schärfste
vorgegangen. Großes Aufsehen erregte ein Spionagefall, der Ende Oktober 1914 be
kannt wurde. Es bestand schon seit längerer Zeit der Verdacht, daß in Basel ein
von französischen Beamten geleitetes Spionagebureau arbeite, das die Stellungen der
deutschen Truppen nach Belfort berichte. Die Basler Polizei hat dann aus genaue
Nachforschungen hin einige Verhaftungen in Basel und in Bonfol an der französischen
Grenze vorgenommen. Das hat französische Zeitungen zu der Behauptung veranlaßt,
die Basler Polizei lasse eine Einmischung der deutschen Polizei bezüglich der Ueberwachung
der Fremden nur allzu gerne zu, worauf sich Bundesrat Hoffmann, der Vorsteher der
politischen Departements, in einer Unterredung mit dem Vertreter des „Petit Puristen"
zu folgender Erklärung veranlaßt sah: „Ich bitte Sie, aus das formellste zu erklären,
daß die Schweizer wie die Basler Regierung niemals die geringste Teilnahme der deutschen
Polizei ertragen wird. Das gleiche erkläre ich auch bezüglich der französischen Polizei!"
Größere Grenzzwischenfälle von ernsterer Bedeutung haben sich nicht ereignet.
Wenige Soldaten aus den kämpfenden Heeren sind über die Schweizergrenze geraten, wo
sie dann sogleich entwaffnet wurden und bis zum Ende des Krieges interniert bleiben.
Bei einem heftigen Artilleriekampf im Sundgau fielen auch einige Schrapnells auf
Schweizerboden, wo sie, ohne Schaden anzurichten, explodierten.
Anfangs Februar 1915 überflog ein deutsches Flugzeug bei Beurnevsin Schweizer
gebiet und wurde von schweizerischen Truppen beschossen. Der Zwischenfall wurde da
durch auf vollkommen befriedigende Weise erledigt, daß die deutsche Reichsregierung dem
Bundesrat ihr lebhaftes Bedauern ausdrückte und mitteilte, daß der betreffende Flieger
bestraft worden sei. In den ersten Tagen des April 1915 ging bei Pruntrut ein
verirrtes französisches Flugzeug nieder; der Apparat wurde beschlagnahmt und
die beiden Insassen interniert. Dasselbe geschah mit einem Flieger, der anfangs August
1915 bei Payerne landete.
Anfangs August 1915 flüchtete der französische Flieger Gilbert, der in Andermatt
interniert war, nach Paris. Da diese Tat einem Bruch seines Ehrenwortes gleichkam,
veranlaßte ihn die französische Regierung, sofort nach der Schweiz zurückzukehren und
sich den Militärbehörden zu stellen. Gilbert wurde darauf unter schärferer Aufsicht
wieder interniert.