Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

186 Die Ereignisse an der Westfront von Mai bis August 191 & 
Kucznierz, neben ihn und ruft ihm zu: „Hast du uns immer beworfen mit großen 
Flügelminen, hier hast du Belohnung." Der Offizier reißt seinen Revolver hoch, aber 
der schlesische Gewehrkolben ist schneller als die Kugel des Kapitäns. Immer weiter 
stürmen die wackeren Jäger. In der Hitze und Begeisterung des Kampfes merken viele 
gar nicht, daß sie die Höhe 285, das ersehnte Ziel, überhaupt schon erreicht haben, und 
dringen darüber hinaus bis in die Vallse des Courtes Chausses vor. Inzwischen haben 
oben auf der Höhe die Offiziere in richtiger Erkenntnis der Lage einen großen Teil 
ihrer Kompagnien angehalten und beginnen sofort mit dem Festlegen und der notdürftigen 
Herrichtung einer neuen Stellung. Nur ein kleiner Trupp allzu Verwegener stürmt bis 
mitten in die französischen Batterien und Lager, an ihrer Spitze der Leutnant d. R. 
Englisch der 3. Kompagnie des Jägerbataillons Nr. 6. Die Jäger versuchen, voll Sieges 
begeisterung über ihre wertvolle Beute, die eroberten Geschütze — es sind vier leichte und 
ein schweres — zurückzuschaffen: unmöglich, es geht nicht, die Kanonen sind zu fest ein 
gebaut und zu schwer. So müssen sie sich damit begnügen, mit Aexten, Spaten, Beil 
picken und anderem Gerät die Richtvorrichtungen, Verschlüsse und Untergestelle der Ge 
schütze kurz und klein zu schlagen, um wenigstens die preisgegebene Beute in zerstörtem, 
unbrauchbarem Zustande dem Feinde zu überlassen. Im letzten Augenblick stopfen noch 
schnell der Jäger Wistoba und der Oberjäger Broll von vorne in die Rohre zweier 
Geschütze je eine Handgranate und zerstören durch deren Explosion die Laderäume und 
andere Teile. Broll schleudert eine weitere Handgranate in das in der Nähe befindliche 
Munitionslager, das mit gewaltigem Krach in die Luft fliegt — und dann geht's marsch, 
marsch zurück zum Bataillon, denn jede Minute längeren Zögerns hätte die Tollkühnen 
den heranrückenden französischen Reserven in die Hände geliefert. An einer anderen 
Stelle hatten die Jäger in aller Eile einen starken Motor, der zum Betriebe der in den 
Minenstollen führenden Preßluftleitungen diente, gründlich zerschlagen und zerstört. 
Dies alles hatte sich in kaum mehr als zwei Stunden abgespielt. In der gleichen 
Zeit war auch auf allen anderen Teilen der Kampffront ein voller, glänzender Erfolg 
errungen worden. Ganz besonders hatte ein Bataillon des Infanterieregiments Nr. 135 
unter Führung des Hauptmanns Wegener bei der Erstürmung der Höhe La Fille Morte 
Hervorragendes geleistet. Das Bataillon hatte von der schwarzen Kuppe aus angegriffen 
und mußte zunächst einen außergewöhnlich stark ausgebauten Stützpunkt des Feindes, 
die sogenannte „Steinfestung", erstürmen. Das schnelle Gelingen dieses Angriffes ist 
zum großen Teil dem Leutnant d. R. Breithaupt der 2. Kompagnie zu verdanken, der 
mit seinem Zuge durch eine geschickte Umgehung durch den Meurissongründ den Feind 
von hinten fassen und abschneiden konnte. An einzelnen Stellen auf der Bolante wehrten 
sich die Franzosen mit verzweifelter Zähigkeit und Widerstandskraft. Unseren Truppen 
war es hier nicht immer möglich, von einer Stellung zur anderen über den gewachsenen 
Boden vorwärts zu stürmen; sie mußten sich Schritt für Schritt durch das Gewirr von 
Sappen und Verbindungsgräben vorarbeiten. Am Ausgang eines solchen Grabens hatte 
sich ein französischer Offizier aufgestellt, der jeden Deutschen, sobald er sich am anderen 
Ende zeigte, abschoß. Ein Soldat kniete neben ihm mit einem zweiten Gewehr, das er 
immer wieder nach jedem Schuß seinem Leutnant geladen reichte. Erst nach längerer 
Zeit gelang es einem deutschen Offizier, durch eine wohlgezielte Handgranate diesen 
zähen, heldenmütig kämpfenden Feind aus dem Wege zu räumen. 
Aus dem anderen Flügel, östlich von der Römerstraße, hatte der Angriff anfangs nur 
geringe Fortschritte gemacht. Hier erwarb sich Leutnant Johanßen — auch einer der 
wackeren schlesischen Jäger — großes Verdienst dadurch, daß er im entscheidenden Augen 
blick die Möglichkeit erkannte, die von den 130ern in der Front angegriffenen Fran 
zosen von Westen her in der Flanke anzupacken und so zum Weichen zu bringen. Gleich
	        
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