Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

146 D i e Ereignisse an der We st front von Mai bisAugust1915 
dasselbe Verfahren wurde auch gegenüber den Dänen angewendet. So meldet das 
Kopenhagener Blatt „Politiken" aus Paris, daß in den Kämpfen bei Arras am 9. Mai 
1915 sämtliche dänische Freiwillige, die auf französischer Seite kämpften, mit 
Ausnahme von dreien fielen oder verwundet wurden. Aus einer Zuschrift an die „Guerre 
Sociale" geht weiter hervor, daß auch von der Freiwilligen Slavenlegion, die 
der Marokkonischen Division von 28000 Mann zugeteilt und gleichfalls bei den Kämpfen 
nördlich von Arras angesetzt worden war, von 4000 Mann nur 900 zurückgekommen 
sind. Alle höheren Offiziere der Division waren gefallen. 
Dagegen sollen die jüngsten französischen Jahrgänge, die teilweise bei Arras zum 
erstenmal ins Gefecht kamen, nach Pariser Nachrichten nur geringe Kampffähigkeit be 
wiesen haben. 
Vergleicht man die Zahlen der „Gazette des Ardennes" und die sonst bekannt ge 
wordenen Angaben über die französischen Verluste mit dem Ergebnis, das die Kämpfe 
bei Arras für unsere Gegner gehabt haben, so begreift man, warum die französische 
Regierung dem Volke die Größe der von ihm gebrachten Opfer zu verbergen sucht. 
Das tote Arras 
„Arras la morte“, nennen die Franzosen die Stadt, um die ununterbrochen so er 
bittert gestritten wird. Aber wie lange kann sich eine tote Stadt noch halten!? Das 
ist die Frage, an die der „Matin" seine trübseligen Betrachtungen knüpft. 
„Arras ist nur noch dem Namen nach da. Seitdem die ersten Granaten auf die 
Stadt fielen, seit dem 6. Oktober 1914 (vgl. III, S. 118 f.) rollen die Steine des Rat 
hauses und des Stadtturms der Kathedrale und der Glockentürme, all der alten 
und der neuen Häuser in den Staub; heute ist die alte, ehrwürdige Stadt nichts 
als eine zerfetzte ehemals kostbare Spitze, die die deutschen Kugeln nach Herzenslust 
auszacken. Regen und Sturm peitschen die Mauern ohne Dach; es gibt wirklich kein 
einziges Dach mehr in ganz Arras — und Regen und Frost tragen das ihre zur Zer 
störung bei. Aber immer noch steht die Stadt, allen Granaten zum Trotz; doch jeder 
Tag fügt ihr neue Wunden zu. Jeder Tag färbt ihre Mauern aufs neue rot von 
Blut, vom Blute der Kinder Frankreichs. Ein Märtyrertum, das nicht endet." 
Noch vor der besonders heftigen Beschießung vom 7. Juli 1915 hatte die französische 
Heeresleitung einer Anzahl von Berichterstattern französischer Blätter den Besuch des 
halbzerstörten Arras gestattet. Im „Journal" vom 8. Juli 1915 erzählt Paul Erio 
eingehend von seinen Eindrücken. Damals war Arras noch bewohnt. Allerdings 
hatte die Masse der Bevölkerung schon bei dem Beginn der Beschießung, wie Erio sich 
ausdrückt, den Kopf verloren. Von ungefähr 25 000 Einwohnern hatten bis zu seinem 
Besuch 23 000 die Stadt verlassen. Die zurückgebliebenen 2000, unbemittelte Leute, 
wie Kleinhändler, Ackerbürger und Handarbeiter, hatten sich mit Weib und Kind in die 
stärksten Keller der von ihren Bewohnern verlassenen Häuser verkrochen und kamen nur 
nach dem Aufhören der alltäglichen Beschießung daraus hervor. Dann machten die 
Frauen rasch bei den wenigen Krämern und Bäckern ihre Einkäufe; die Kinder eilten 
zur oder von der Kellerschule, die 80 Knaben und Mädchen besuchten. Den Unterricht 
erteilen vier Lehrerinnen und ein Lehrer. Der Unterrichtsbeginn und Unterrichtsschluß 
hängt vom deutschen Feuer ab. Manchmal bleiben die Kinder über Nacht und werden 
dann auf den Schulbänken von den Lehrerinnen gebettet. 
Um den widerlichen Leichengeruch zu beseitigen, der bei dem oberflächlichen Begraben 
der Gefallenen in Gärten und Straßen nicht zu vermeiden war, hat das ceuvre de 
cercueil, ein Begräbnisausschuß unter Leitung des Präfekten Brien, vorübergehend die 
Leichen, ihrer 150, verbrennen lassen. Dann aber richtete man, da der eigentliche Fried-
	        
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